1. In sturmbewegter Zeit
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Abdankung fast unerläßlich, aber die Veranlassungen dazu sind doch entsetzlich. „Nie werde ich aufhören, den gütigen Monarchen, dessen Rücktritt selbst die Mailänder bedauern, zu heben, treu und innig; und ebenso treu werde ich dem neuen Herrscher, dem jugendlichen Kaiser Franz Josef I. anhängen.“ Bange Fragen liegen ihm auf dem Herzen; was wird mit Erb geschehen, was wird Bruder Nicoletto, der Beichtvater der Kaiserin machen, was wird der junge Kaiser beginnen?
Doch über alle Sorgen hinweg schritt unermüdlich die schwere Arbeit in Italien. Montecuccoli unterstützte ihn kräftig. „Mit ihm ist gut auszukommen, doch das Ministerium ist gleich Null: es gibt keine Antworten, es schickt kein Qeld, es schläft, wenn Italien anfrägt oder begehrt.“ Aber Schwierigkeiten bekämpfen, war Negrelli’s Lust, wie er selbst stets betont, und immer wieder gelang es ihm, auch die Mittel für seine Arbeiten sozusagen aus der Erde zu stampfen. Am 9. November 1848 eröffnete er den Betrieb auf der Strecke von Vicenza nach Padua; vier Lokomotiven und 20 Wagen hatte er einfach „hergezaubert“; mit 4000 Mann nahm er sofort die Bauarbeiten zwischen Vicenza und Verona in Angriff; er hoffte, sie bis Ende Mai 1849 zu vollenden; gleichzeitig arbeitete er rast- und ruhelos, wie er seiner Lotti versichert, an der Wiederherstellung der Bahnlinie von Padua nach Mestre, auf der auch tatsächlich schon am 14. Dezember nach langer Zeit wieder die ersten Züge rollen. Damit war der Betrieb auf allen bis dahin vollendeten Strecken der Iombardisch-vene- tianischen Bahn wieder in vollem Gange — ein Erfolg, der das tatkräftige, zielbewußte Wirken, namentlich aber auch die große Schaffensgabe Negrelli’s in helles Licht stellt. Und doch fühlte er nicht volle Befriedigung