Dokument 
In Italien - Der Suezkanal - Letzte Kämpfe : mit einem Bildnisse / von Alfred Birk
Entstehung
Seite
40
Einzelbild herunterladen

40

I. In Italien (18481855)

gelangt. Ihre bleibende Durchführung nach Venedigs Fall bereitete Negrelli nicht allein schwere Arbeit, son­dern auch große Mühe und viele Sorgen; insbesondere begegnete die Ergänzung des Beamtenkörpers manchen Schwierigkeiten. Es hieß nicht nur fachtüchtige, son­dern auch gesinnungstüchtige Beamte zu gewinnen. Alles drängte sich jetzt, da Österreichs Herrschaft ge­sichert schien, zu den Staatsämtern; Gesuche überflu­teten Negrellis Tisch, und das Vorzimmer seiner Amts­stube war mit Bittstellern gefüllt. Keiner wollte an der Revolution beteiligt gewesen, jeder wollte treu zu Kaiser und Reich gestanden sein. Dabei fehlte es nicht an An­gebereien, die der Wettbewerb wachrief, und Negrelli mußte wiederholt solchen Ohrenbläsern, die zumeist der Gesellschaft aus den Machtfaktoren angehörten, sehr scharf mit der Aufforderung entgegentreten: nicht im allgemeinen von unzuverlässigen und unlauteren Leuten Im Beamtenkörper zu sprechen, sondern ihm diese Leute namentlich zu kennzeichnen, damit er den Körper von ihnen frei machen könne. Der Neubau des Bauwesens gab Negrelli Gelegenheit,eine alte Dankesschuld ab­zutragen. Gegen ein Taggeld von drei Zwanzigern übernahm er des vielverfolgten Baumgärtners* ältesten Sohn Leo, beschäftigte ihn beim Telegraphenbau und vermittelte ihm schließlich (1852) die Stelle eines Leiters des Telegraphenbaues in Bern; aber mächtiger als Ne­grellis Schutz war der Haß der Parteien, der den jungen Mann verfolgte und schließlich auch vernichtete . . . .

Doch nicht Stellensuchende allein bestürmten den Chef des Kommunikationswesens; auch Vertreter der Gemeinden, Abgesandte der Landschaften, der Vereini­gungen, Männer der Industrie und des Handels sprachen bei ihm vor, in welcher Stadt immer er sich aufhielt,

* Vgl. Band I, S. 208.