2. Friedensarbeit
83
Raum geben, daß man seine Leistungen auch nur einen Augenblick vergessen habe.
Mit Weiß von Starkenfels, seinem Schwager, dem vielgehaßten Polizeidirektor von Wien, besuchte Ne- grelli wiederholt den Minister Bach; köstlich, weil unbewußt und doch zutreffend kennzeichnete Negrelli die Stellung seines Schwagers, dieses mustergültigen Werkzeuges der Reaktion, mit den Worten: „Theodor ist außerordentlich in Anspruch genommen; er ist sehr beliebt und gefürchtet.“ Seinen Sohn Oskar besuchte er in Tulln; er ist ein Prachtbursche geworden, ein schöner und braver Kerl, mit dem sein Hauptmann recht zufrieden ist. Auch Louis, der ihn mit einem Besuche überrascht, machte einen guten Eindruck auf ihn und beruhigte ihn für die Zukunft. Emsig bemühte sich Negrelli um die ernste Angelegenheit seines Neffen Antonio Zanghellini, des Sohnes seiner ältesten Schwester Anna, deren Gatte, der Arzt Dr. Pietro Zanghellini aus Val- sugana schon im Jahre 1836 unerwartet gestorben war. Don Antonio war Priester — ein Mann von hohem Geiste und feurigem Mute. Negrelli erwähnt seiner zum ersten Male im Jahre 1849 in einem Briefe an Lotti, in dem er bedauert, daß „Antonio sich soweit vergessen habe“, ohne daß er des Geschehenen näher gedenkt; nach Bemerkungen in späteren Briefen läßt sich vermuten, daß Antonio den freiheitlichen Bestrebungen des Jahres 1848 nicht ferne geblieben ist, daß er an der nationalen Bewegung Italiens teilgenommen hat und auch während der Belagerung Venedigs sich in dieser Stadt aufhielt; doch war es wohl ausschließlich der freigeistige Gedanke, der ihn anzog, weit weniger, wenn überhaupt, der italienische Einheitsgedanke. Nach dem Falle Venedigs ging Antonio nach Primiero; hier widmete er sich, wie Negrelli betont, ganz den Großeltern,