2. Friedensarbeit
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erzählen weiß: „Uber 4000 Menschen haben teilgenommen; der Hof blieb eine volle Stunde und ging dann zu
*■ Pallavicini, wo ein magnifiquer Ball war, bei dem der
Kaiser bis 6 Uhr morgens und viel getanzt haben soll. Im Sophienbad sind die heißblütigen Slavenbälle und
beim Sperl spielt der leicht beschwingte Strauß-“
Negrelli hatte wenig Sehnsucht nach solchen Zerstreuungen; nur mit seiner Schwiegermutter, die als echte Wienerin für das Theater schwärmte, besuchte er wiederholt das Burgtheater, wo er unter anderem an Mad. Koberwein und Fichtner, die immer jung und unverändert sind, sich herzinniglich erfreute. Bei Heidler verbrachte er einen fröhlichen Abend mit alten Freunden in alter Erinnerung versunken; aufrichtig erzählt er seiner Lotti, wie er nach dieser „Biervertilgung“ um 1 Uhr heimging, wie ihm der Sturmwind den Hut am Glacis nahm und er harte Mühe hatte, ihn wieder zu erhaschen_
*■ Unendliche Sehnsucht nach Weib und Kinder er
füllte Negrelli — hätte er nicht soviel zu tun gehabt, so wäre ihm ohne sie selbst in Wien nicht so recht wohl gewesen. Am 20. Februar verließ er Wien; kaum in Verona angelangt, nahm ihn die Kaiserreise durch Italien ungemein in Anspruch, und gleich darauf, in den ersten Märztagen (1852), reiste er in Angelegenheiten der italienischen Zentralbahn nach Modena, wo er wieder viel länger verweilen mußte, als er gedacht hatte.
Von Wien hörte er nichts! Er erinnerte seine Frau daran, daß er nun zehn Jahre wieder im Staatsdienste wäre und Anspruch auf ein Drittel seiner vollen Pension habe; wenn Baumgartners Versprechungen sich nicht erfüllen, wolle er in Pension gehen. Und fast hatte es
^ den Anschein, als habe Baumgartner nur viel verspro
chen, um nichts zu halten.