3. Die letzten Jahre in Verona
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daß ich nach Verona in wichtigen Geschäften komme, so soll er mir schreiben und die Verantwortlichkeit übernehmen, wenn die hiesigen Geschäfte dann krumm gehen!“ Daß die letzten Zeilen sich nicht an den Marschall selbst richten, sondern an jene, die den greisen Helden vorschieben, um ihren Verdächtigungen Nachdruck zu verleihen, ist zweifellos, denn Radetzky war seinem „Gevatter und seiner Gevatterin“, wie er Negrelli und seine Frau in allen Briefen nannte, in väterlich herzlicher Weise zugetan; auch die Marschallin ist beiden, namentlich Lotti, wohlgesinnt und Negrelli spricht von ihr nicht selten als von „seiner und seiner Frau zweiter Mutter“. Radetzky hätte seine Wünsche und Bedenken „seinem Negrelli“ wohl unmittelbar gesagt; er bedurfte nicht der Zwischenträger, die sich zu bemühen schienen, die feste Stellung Negrelli’s unter Radetzky’s Oberherrschaft in Lombardo-Venetien zu erschüttern. Ein köstlicher Brief Radetzky’s an Negrelli gibt Zeugnis von dem freundschaftlichen Verkehr, der zwischen Beiden und beider Familien bestand, aber auch gleichzeitig von dem eigenartigen Humore, mit dem der große Feldherr gewisse „zivile Verfügungen“ zu behandeln pflegte; Radetzky schreibt:
„So oft hier ein Locale zur militärischen Unterbringung nöthig wird, sich an die delegationen gewandt, diese hat das Institut delle Orfan (unleserlich), somit wäre sich an die delegation und nicht an das Militär zu wenden.
Außer der Humanitaet und Rücksicht, die man für das Wohl armer verwaister 120 Mädchen von Seite der Delegation haben sollte, tritt hier noch der Umstand ins Leben, daß man diese Mädchen in das Kapuzinerkloster übersetzen will. Sollen die Mädchen mit die Kapuziner vermengt bleiben oder sollen die auswandern? Aus die-
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