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I. In Italien (1848—1855)
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Verfügungen, zur Beschlagnahme von Gütern und Vermögen führte, war auch der Sohn eines guten alten Bekannten und Landsmannes Negrelli’s, der als Ober- *,
leutnant in Mailand diente, Camillo Tr Otter, beteiligt gewesen. „Wenn der arme Oberleutnant Camillo kommt“, schreibt er aus Modena an Lotti, „so lade ihn zu uns ein, wenn er einige Tage in Verona verweilen sollte. Er ist mir entfernt verwandt und wir sind seinem Vater großen Dank schuldig. Mir wäre es leid, wenn er käme während ich abwesend bin, denn gerne möchte ich ihn persönlich dem Marschall vorstellen. Er ist wegen des Mailänder Attentates ein geschichtlicher junger Offizier geworden.“
Aber auch in „stiller Zeit“ waren die Verhältnisse in Italien keine angenehmen, weder in Verona, wo das Hauptquartier Radetzky’s lag, noch in Mailand, wo Baron Burger seinen Polizeidirektor Martinez nach Belieben schalten und walten ließ. Die Italiener haßten die Österreicher und vor allem die Offiziere, die sich in ^
gesellschaftlicher Beziehung mit einer unübersteigbaren Mauer umgaben; der Hohn, mit dem das Offizierskorps den Italienern begegnete, die Mißhandlung italienischer Frauen, die Landesverweisungen und Gütereinziehungen führten zu tiefem gegenseitigen Mißtrauen, das auch hinter wohlwollenderen Schritten der Regierung, an denen es unter Radetzky nicht fehlte, Böswilligkeit und Verfolgungssucht witterte... Der Versuch, eingeborene Beamte heranzuziehen, welche die Mittlerrolle übernehmen sollten, mißlang; nicht nur Eingeborene, selbst Deutschösterreicher von gefestigten Grundsätzen — wollten in Lombardo-Venetien keine Dienste nehmen . 33 Negrelli war schon schweren Herzens nach Italien gegangen; unter solchen Verhältnissen mußte er umso t
schwerer leiden, als ihn ja seine Familienabstammung