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I. In Italien (1848—1855)
selbst dann noch nicht erfolgte, als die Strecke bis Coc- caglio vollendet war und die erste Fahrt auf ihr am
23. Februar 1854 anstandslos sattgefunden hatte. „Ich möchte wohl wissen“, so heißt es in einem Briefe vom
24. Februar, „wann die Bahn eröffnet werden wird! Mein Gott, wie sündigt man doch zum Nachteile des Ärars!“ Bleistiftbemerkungen und einige Vormerkungen in seinem Tagebuche, die wohl einem amtlichen Berichte als Grundlage zu dienen hatten, lassen vermuten, daß die jung errichtete Betriebsdirektion ziemlich ratlos vor den neuen Aufgaben stand und zwischen „Bau“ und „Betrieb“ gewisse Unstimmigkeiten herrschten, wie dies wohl auch anderswo vorgekommen ist und noch vorkommt und immer Vorkommen wird.
Im Ministerium war man über die Erklärung Ne- grelli’s im Veroneser Amtsblatt nicht wenig überrascht und verschnupft. Es scheint auch zu ernsteren Erörterungen zwischen Verona und Wien, zwischen Negrelli und Czörnig gekommen zu sein — doch liegen mir verläßliche Mitteilungen nicht vor.
Die baldige Eröffnung der Bahnstrecke wurde immer wieder in den Tagesblättern versprochen, aber erst am 22. April 1854 übergab man die Strecke in ihrer ganzen Länge dem allgmeinen Verkehre. Die Zeitungen spendeten der Betriebsdirektion lebhafte Anerkennung über die getroffenen Maßnahmen. Negrelli empfand es bitter, daß sie der Ingenieure, die das Werk geschaffen, mit keinem Worte oder nur so nebenbei flüchtig gedachten.
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Die Ereignisse bei der Linie von Verona nach Brescia waren das Vorspiel zu dem bald offen, bald verborgen geführten Kampfe zwischen Negrelli und Czörnig.