3. Die letzten Jahre in Verona
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statt der erhofften 350 bis 500 Millionen wurden rund 507 Millionen gezeichnet, allerdings unter einem gewaltigen Hochdrucke, den wohl am besten die Tatsache kennzeichnet, daß die vielen Grundbesitzer, die sich weit über ihre Kräfte verpflichtet hatten, ihre Zahlungen einstellen mußten oder den Wucherern in die Hände fielen. Auch Negrelli beteiligte sich, wie sein Rechnungsbuch aus jener Zeit beweist, für sich und für jedes seiner sechs Kinder an der Zeichnung des Nationalanlehens mit einem Gesamtbeträge von 5200 Gulden. Er war allezeit ein strenger Rechenmeister, immer sparsam und einfach, so daß er von dem bescheidenen Vermögen, dessen er sich um jene Zeit schon erfreute, mit vollem Rechte in seinem Verrechnungsbuche sagen konnte, es sei „die Frucht unendlicher Mühen und Entbehrungen“ seit seiner frühesten Jugend; aber doch wohl auch, das darf hinzugefügt werden, das Ergebnis seiner kaufmännischen Begabung, die sich in der vorsichtigen Teilnahme an industriellen Unternehmungen offenbarte und ihn von jener Gewinnsucht fernehielt, der gerade damals so viele Beamte und manche seiner Freunde anheimfielen.
An einem Sommer-Sonntage des Jahres 1854 nach dem Gottesdienste reiste Negrelli mit seiner Frau und seinen drei jüngsten Kindern nach Wien; Emilie, die jüngste Tochter aus erster Ehe, befand sich „nach freier Wahl“ seit zwei Jahren bei den Schwestern del sacro cuore in Padua, wo sie sich wohl fühlte und gerne verweilte. Der Sommer hatte prächtig begonnen. Herrliche Witterung lag über Italien; in der Lombardei und in Ve- netien war ein überaus gesegneter Weizen reif zum Schnitt; der Mais stand beispiellos schön, und so standen auch alle anderen Feld- und Baumfrüchte. Die entsetzliche Raupenkrankheit, die „Traubenfäule“, die in