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1. In Italien (1848—1855)
weiß, was die Beamten davon denken und welchen Gebrauch davon machen! Die Zeitung können wir schik- ken, weil sie ohnedem Postporto gezahlt haben.
Gestern waren wir bei S. k. Hoheit, der uns sehr zuvorkommend empfing und nie so leutselig wie dieses- mal war. Morgen sind wir dort zum Diner.
Lebewohl, liebste Lotti! Nur keine Einmischung in ämtlichen Dingen -— um dieses bitte ich Dich!
Küsse mir die Kinder und gehabe Dich wohl!
Dein alter Louis."
Negrelli kommt einige Tage später neuerlich auf diese Angelegenheit zurück. „Ich weiß noch immer nicht“, schreibt er an Lotti, „ob Martello abgereist ist und was die Klatscherei mit den Formularien eigentlich ist. Überhaupt bin ich mit dem Personale sehr ungehalten und will und muß ich darum, weil die Nachsicht nur Undankbare erzeugt, die Zügel von nun an straffer anziehen.“
Man darf den Vorfall, den diese Briefe berühren, nicht für so kleinlich halten, daß er unerwähnt bleiben könne, im Gegenteil; aus dieser scheinbar rasch überwundenen „Palastrevolution“, die einen Blick eröffnet in die Beamtenverhältnisse Italiens, deren Eigenart ich schon besprochen habe, aus dieser Unzufriedenheit mit einer nur auf Vereinfachung und Ordnung des Dienstes abzielenden Verfügung des Direktors, aus diesem Widerwillen Einzelner heraus ist ohne Zweifel den Gegnern Negrelli’s die Hilfe gekommen, die ihnen einen billigen Sieg werden ließ. Unter den Beamten Negrelli’s gab es Leute, die sich keiner Ordnung und Regel fügen wollten — mehr als anderswo. Der altösterreichische Geist, der die Beamten der Stammländer beseelte, war hier nicht zu Hause, wo ein Teil sich nicht heimisch, ein Teil sich unterdrückt fühlte.... Schon anläßlich