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I. In Italien (1848—1855)
heimnisvoll: „Sie werden wohl auch bald nach Wien kommen — ich freue mich um Ihrer Frau willen.“
Am Nachmittage des 2. März reiste Bruck ab. „Auf baldiges Wiedersehen in Wien!“ rief er Negrelli beim Abschied zu. Brucks Familie verblieb in Triest; nur ein Privatsekretär begleitete ihn, der im Extrawagen mit vier Pferden und mit einem Postillon in Qala die Fahrt antrat. Am 10. März, nach einem Vortrage bei dem Monarchen wurde Baron Bruck zum Finanzminister ernannt; er war, wie Kübeck in seinem Tagebuche etwas spöttisch und ärgerlich verzeichnet, der Löwe des Tages. Negrelli wurde anfangs April nach Wien berufen. Die Reise dauerte 50 Stunden; in Görz traf er Rivoltella, um mit ihm über höhere Weisung einige Fragen der zentralitalienischen Bahn zu erörtern. Auf schlechten, an vielen Stellen verschneiten Straßen ging es über Präwald nach Laibach; von hier mit dem Schnellzug gegen Wien; auf der Semmeringbahn sah es nicht gut aus; ein Tunnel war zum Teile eingebrochen; mehrere Brücken mußten gestützt werden. Er bat seine Lotti, davon nichts weiter zu erzählen; denn „durch die Entfernung werden die Sachen leicht vergrößert“. 54 In Wien tagte noch die „Friedenskonferenz“; noch schwebte die Frage, ob Österreich in den Krimkrieg eingreifen solle oder nicht; der Vertreter Frankreichs, Drouin de Lys, der nach Negrelli’s Aussagen der Lion des Tages war und alle Wiener ob seines Äußeren und seines Benehmens bezauberte, und Lord Rüssel, Englands Bevollmächtigter, waren emsig bemüht, Österreich gegen Rußland zu hetzen. Schwer lastete die Unentschiedenheit auf dem ganzen öffentlichen Leben und auf allen inner- politischen Verhältnissen — selbstverständlich auch auf den Verhandlungen, zu denen Negrelli nach Wien berufen worden war und die einen großen finanziellen