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1. ln Italien (1848—1855)
und Abendgesellschaften; auch Negrelli wurde zu diesen mit „sardanapalischer Pracht“ ausgestatteten Festen beigezogen. Pereire suchte mit ihm nähere Fühlung zu nehmen, ja es hat den Anschein, als ob eines der üast- mahle nur in der Absicht veranstaltet worden wäre, um in dem lebhaften und bunten Getriebe die rechte Muße für eine ungezwungene „nichtamtliche“ Aussprache Pereires mit Negrelli zu ermöglichen, der mit dem Hause S. M. Rothschild, das dem Credit mobilier geradezu feindlich gesonnen war, wegen der Förderung der zentralitalienischen Eisenbahn in erfolgreich scheinender Verbindung stand.
Die Frage dieser Bahn war in eine Sackgasse geraten; Parma und Modena bereiteten fortgesetzt Schwierigkeiten; es gewann mehr und mehr den Anschein, als ob man hier nach Vorwänden suche, die Vereinbarung überhaupt zu lösen und eigene Wege zu gehen. Die Bauarbeiten zwischen Piacenza und Bologna wie auch am großen Apennintunnel gerieten ins Stocken, denn es fehlte an Geldmitteln, die Ansprüche der Unternehmung zu befriedigen. Rasche und zielbewußte Entschlüsse der Regierung hätten noch eine günstige Wandlung schaffen können; aber in Wien blieb man unentschlossen, zaghaft, schweigend. Dazu traten auch Meinungsverschiedenheiten zwischen Negrelli und Czörnig; die persönliche Spannung vergrößerte sich; Czörnig wollte die scheinbaren Mißerfolge der Tätigkeit Negrellis verwerten, um das Ziel seines Ehrgeizes zu erreichen und die zentralitalienischen Bahnen ausschließlich in seine Hand zu bekommen. Rechtzeitig für Negrelli und seine Sache änderten sich die Machtverhältnisse in Wien; es gelang ihm, den Bestrebungen Czörnigs einen Riegel vorzuschieben; in einer Sitzung im Handelsministerium, an der der Minister selbst und