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I. In Italien (1848—1855)
den telegraphischen Auftrag, in Udine die Kommission zu empfangen, die sich für die lombardisch-venetiani- schen Eisenbahnen interessiert, und sie auf ihrer Reise durch Venetien und die Lombardei zu begleiten. Baron Schlechta vom Finanzministerium führte die Gesellschaft, der auch Sektionsrat Ritter von Schmid als Vertreter des Handelsministeriums angehörte und der sich später noch Baron Anselm von Rothschild anschloß. Der berühmte Baudirektor der Paris—Marseiller Eisenbahn Paul Talabot war Mitglied der Kommission; ihm stand neben anderen Ingenieur Crochett zur Seite. Der Gedanke der Verpachtung war endgültig aufgegeben; eine französisch - englisch - österreichische Gesellschaft wollte das Bahnnetz erwerben. Baron Czörnig eilte — wie Kübeck in seinem Tagebuche vermerkt — unverzüglich zu Freiherrn von Kübeck, ihm das Ereignis zu melden; alles sei schon für den Verkauf vorbereitet, nur über die Ziffer sei man noch nicht einig; die Reise durch Italien soll diese letzte Schwierigkeit beseitigen. Kübeck fand es sonderbar, daß Bruck, der über den Verkauf der Nordbahn gebrummt, jetzt das ähnliche Geschäft mit der für das Staatsinteresse so wichtigen lombar- disch-venetianischen Bahn betreibe. Czörnig erblickte die Ursache in dem Wunsche Brucks, die von ihn angeregte italienische Zentralbahn in die Hände Rothschilds zu bringen, da die Triester Gesellschaft in Agonie verfallen sei und die italienischen Regierungen
sich zurückziehen_ Sicher hat Bruck auch diese
Möglichkeit für die zentralitalienische Bahn schon damals ins Auge gefaßt; aber es war von Czörnig wohl nur eine etwas böswillige Vermutung, daß Bruck die lombardisch-venetianischen Bahnen seiner zentralitalienischen Bahn zuliebe opfern wolle, denn noch gegen Mitte Juli erhielt Negrelli von Baron Bruck die Ver-