4. Enthebung von der Dienstleitsung in Italien
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blicke schon, da Negrelli’s Hoffnungen sich erfüllen sollten, ln gewissen Kreisen, die dem jugendlichen Kaiser nahestanden, war Negrelli nicht der Mann, den man in dieser Zeit besondere Neigung entgegenbrachte. Seine politische Richtung war nicht ihre Richtung mehr. Die italienische Bevölkerung zufrieden zu stellen und sie auf solche Weise für die Monarchie zu gewinnen, war ein überwundener Standpunkt, den man auch Radetzky nicht verzieh; die wohlhabenden, fruchtreichen italienischen Länder sollten von ihren Erträgnissen die übrigen Provinzen unterstützen und den Überfluß an Arbeitskräften der Monarchie aufnehmen — darum war alles Verschwendung, was über das Notwendige und Genügende hinausging! Negrelli stürzen hieß auch den verhaßten Liberalen Bruck einen Nadelstich versetzen und war schließlich ein Dolchstoß gegen Radetzky, den der am Hofe allmächtige Grünne schon längst in Pension schicken wollte. In diesen Kreisen kannte man anderseits den Rechtlichkeitssinn und das rasche Urteil des Monarchen und wußte, welchen Erfolg es haben mußte, wenn die an und für sich gewiß nicht zu vernachlässigende, aber für die Allgemeinheit wenig bedeutungsvolle Sache zum wichtigen Staatsereignis aufgebauscht wurde. Zur rechten Zeit kam diesen Männern die Anzeige über angebliche Mißstände auf den Bauplätzen der südtiroler und italienischen Bahnen.
Diese „konfidentiellen“ Anzeigen betrafen Arbeitsund Bauverhältnisse. Erstere konnten aus Arbeiterkreisen, letztere nur aus eingeweihten Kreisen stammen; und daß diese Kreise auch weiterhin bei den Erhebungen eine wichtige Rolle spielten, ist den Berichten Trattners klar zu entnehmen, denn sie berühren Einzelheiten, die ihm nur von dritter Seite zugetragen worden sind - und gerade diese Berichtstellen klingen stets ungünstig
Birk. A. v. Negrelli, II.
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