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II. Der Suezkanal
vinnen nach der Küste des Mittelmeeres strebten, den Strom schon von Chartum aus benützen konnten und nicht hinab bis Dongola und Siut wandern mußten. So hielt Mehemet-Ali diese Aufgabe für wichtiger als die Durchstechung des Isthmus von Suez; dazu trat die Rücksichtnahme auf die religiösen Gefühle der Mohammedaner, die mit Kummer das ihnen heilige rote Meer durch die Schiffe der Ungläubigen entweiht und durch den wachsenden Einfluß ihrer religiösen Gegner die Sicherheit von Mekka bedroht sahen . 85 Gleichzeitig ließ Mehemet die Anlage eines Dammes unterhalb von Kairo, in der Nähe der großen Pyramiden von Gizeh studieren, um mit Hilfe dieser gewaltigen Sperre das Wasser des Nils wie auch seine Hochfluten segenbringend über Unterägypten zu verbreiten und so die Oberfläche des Landes in einer der Kultur günstigen Weise zu verändern. Enfantin blieb mit seinen Schülern in Ägypten und nahm werkkräftigen Anteil an den technischen Arbeiten im Lande. Die Leitung aller Bauten lag in den Händen Linant’s, der ebenfalls mit Enfantin nach Ägypten gekommen war. Enfantin und seine Freiwilligen litten aber schwer unter der Witterung und unter der Härte der ungewöhnlichen Arbeit. Fünfzehn seiner jungen Mitarbeiter starben in kurzer Zeit an der Pest, an Strapazen und an Not; sie starben, so schreibt Enfantin in einer Denkschrift über jene Zeit, auf dem Felde der Ehre in dem Bewußtsein der Größe der Aufgabe, der sie ihr Leben geweiht.
Die zunehmenden politischen Wirren, durch Mehe- met-Alis Streben nach der Unabhängigkeit seines Landes von Konstantinopel wachgerufen und genährt, zwangen schließlich zur Einstellung der meisten begonnenen Arbeiten, auch der Vorarbeiten für die Regelung des Nillaufes. General Edhem Bey, Minister des öffentlichen