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11. Der Suezkanal
lichem Durste aller Teilnehmer nicht gering, mußte aus Damiette gedeckt werden.
Schon in den ersten Tagen des Monates Mai meldeten sich die Vorboten einer mächtigen Hitzwelle. Lok- kerer Sand fing die Strahlen der Sonne auf, wurde heiß und ermüdete die Arbeitenden. Im Juli steigerte sich die Hitze; die Luft zeigte 33 Grad, der Sand bis über 40 Grad Celsius; es war unmöglich, mehrere Minuten auf einem Platze zu stehen; aus der Erde, die schon in drei Meter Tiefe Meerwasser führt, drangen in der Nacht feuchte, ungesunde Dünste empor, die die Luft in den Zelten verdarben; die Arbeiten mußten schon vor 3 Uhr morgens beginnen, und die kurze Nachtruhe störten die Heuschreckenschwärme, die mit dem Südwinde herbeikamen. Aber siegreich überwanden das Pflichtgefühl und der Ehrgeiz der Ingenieure alle Hindernisse und Schwierigkeiten. Wertvolle Ergebnisse ihrer Studien brachten die Ingenieure zurück nach Wien, wo Negrelli in den ersten Tagen des Monates August sie empfing und mit aufrichtig lobenden Worten begrüßte. Mit den Ingenieuren kam die frohe Botschaft, daß an der Möglichkeit im Verhältnisse zur Großartigkeit des Baues nicht mehr zu zweifeln sei. Man hatte den abreisenden Ingenieuren in Wien, in Triest, auch noch in Alexandrien und in Kairo, selbst noch auf der Reise bis Tineh von fabelhaft großen Schwierigkeiten erzählt — nichts hatte sich bestätigt; man hatte behauptet, daß der Nil bei seinem jährlichen Austritte die Einfahrt in den Kanal verschlämmen würde; die sorgfältigen Erhebungen über die Art des Geschiebes und des Schlammes, den der Nil mit sich führt, sowie über die Richtung, das Gefälle und die Geschwindigkeit dieses Stromes, hatten diese Behauptung widerlegt. Die Tiefe von 27 Schuh im Meere konnte im Durchschnitte bei einer Entfernung von bei-