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11. Der Suezkanal
ln diesem Gedanken lag für Negrelli und seine Freunde ein männlicher Trost.
Wie alles, was jene Tage brachten und schufen und was sie bewegte, so atmete auch der briefliche Verkehr zwischen Dufour, Negrelli und Enfantin, der wohl von Jahr zu Jahr seltener wurde, aber nicht erstarb, den aufregenden Hauch der Politik; aber über diese hinüber richtete sich immer wieder der Blick nach Suez. Was in der Welt geschah und vorging, was Frankreich oder Rußland, England oder Österreich oder das übrige Deutschland unternahm, alles wurde im Zeichen dieses Friedensgedankens betrachtet und beurteilt.
Allmählich glätteten sich die politischen Wogen, man hatte oben und unten, in den leitenden Kreisen wie in der gebildeten Welt wieder Zeit und Muße, auch an kulturelle Aufgaben zu denken. Das Verkehrswesen trat in den Vordergrund aller Bestrebungen, die der Hebung der inneren Kraft der Völker und Reiche gewidmet waren. Die Orientfrage wurde brennend, wurde Tagesfrage insbesonders in Österreich, wo der Österreichische Lloyd unter Brucks Führung seine Tätigkeit auf dieses Gebiet vtrlegt hatte. Die überlieferten Verkehrsverhältnisse genügten nicht mehr. Der Weg über Ägypten bedurfte gründlicher Umänderungen.
Zwei Linien, von Bombay und Kalkutta aus, führten die Überlandpost von Indien nach Suez; das war das Verdienst des Leutnants Waghorti, der 1838 die Bombay-Dampfschiffahrt begründete und bald darnach das Rote Meer den Dampfschiffen eroberte. Die Schiffe verkehrten nur einmal im Monate; in den Monaten Mai bis Juli ruhte die Schiffahrt von Bombay aus vollständig. Von Suez aus ging der Verkehr auf der von Mehemed- Ali erbauten, 10 bis 15 Klafter breiten, teilweise maka- damisierten Straße nach dem gegen 70 englische Meilen