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II. Der Suezkanal
Während Enfantin in Paris die Anteilnahme des Kaisers für den Suezkanal in wiederholten Audienzen rege zu erhalten suchte — während Dufour und Negrelli bemüht waren, die Rechte der deutschen Gruppe zu wahren und den Weltcharakter des Unternehmens zu festigen — während Palmerston in England offen gegen den Kanal auftrat und selbst den Einfluß Napoleons auszugleichen suchte — war Lesseps in Ägypten und in der Türkei sehr eifrig am Werke, die ganze Angelegenheit auf Wege zu leiten, die seinem Streben und seinem Ehrgeize besser entsprachen als die Bahnen, die seine Auftraggeber ihm vorgeschrieben hatten. Die Kanalfrage war Lesseps nicht eine Frage von allgemeiner kultureller Bedeutung, sie war für ihn eine Frage von rein persönlichem Werte. „Eine entscheidende Frage für meine Zukunft“ nennt er sie in einem Briefe, in dem er seiner Schwiegermutter mit großem dichterischen Schwünge den Augenblick schildert, da er im Feldlager von Marea dem Vizekönig „sein Projekt“ erläuterte und das von ihm verfaßte „Memorandum“ überreichte. Man fühlt schon aus diesem Briefe, wie sehr Lesseps bemüht war, die Angelegenheit als seine eigene zu betrachten, wenn er es auch hier noch nicht offen ausspricht.
Lesseps’ Bemühungen, die Genehmigung der Hohen Pforte für den Kanalbau zu erlangen, blieben erfolglos. Der Einfluß Englands war zu mächtig. Die Nutzlosigkeit aller weiteren Schritte in Konstantinopel erkennend, beschloß Lesseps, nach Paris zu reisen, wo Enfantin und sein Anhang bei Kaiser Napoleon für die Studiengesellschaft wirkten. Unmittelbar vor seiner Abreise, am 30. April 1855, überreichte Lesseps dem Pascha den allgemeinen Entwurf der Ingenieure Linant-Bey und Mougel-Bey für den Suezkanal und beantragte in einem längeren Berichte, ihn einem Ausschüsse hervorragen-