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und weiter ging’s. Der Schimmel ging immer noch, obwohl sehr matt. Das Feuer hinter uns ließ nach, und kurze Zeit darauf trafen wir auf Oberstleutnant de Beaulieu, Major v. Reitzenstein und andere Herren, die auch ganz im unklaren über die Situation waren, da in dem dichten Busch nichts zu sehen ist. Es war ja absolut nicht Sache einer solchen Erkundung, sich in ein Gefecht einzulassen, hatten wir doch außerdem den äußersten besetzten Punkt festgestellt. Wieder ging’s eine Weile rückwärts, bis mein Schimmel zusammenbrach. Wir waren gerade auf der vorerwähnten Fläche angelangt. Ich wurde vom Pferde gehoben und mir vom Oberstabsarzt Dr. Schian ein Notverband angelegt. Im dürftigen Schatten eines Baumes schnitt er mir den Stiefel herunter und untersuchte die Wunde. Man konnte schon erkennen, daß der innere Knöchel zerschmettert war, und als mir der Arzt einen Sublimatmullstreifen durch die Wunde zog, bekam ich den ersten Vorgeschmack der Schmerzen, die meiner noch warteten. Die Kameraden hatten unterdessen eine Schützenlinie gebildet zum Schutze des provisorischen Verbandplatzes. Oberstleutnant Müller ließ meinem braven Schimmel durch einen alten Schutztruppler den Gnadenschuß geben, und wie er mir später schrieb, vergaß er nie den letzten Blick dieses treuen Tieres, das mir das Leben gerettet hatte und ohne das ich jetzt wohl zusammen mit Oberstleutnant Müller, Melchior und Jacobs auf dem Felde der Ehre läge. Denn Oberstleutnant Müller und seine beiden braven Leute hätten mich sicher nicht im Stich gelassen, das weiß ich ganz genau.
Mein Verband war schnell beendigt, das Reservepferd wurde für mich gesattelt und ich hinauf gehoben. Gott sei Dank war es ein ruhiges Tier, denn allmählich stellten sich starke Schmerzen ein. Vom Traben war bald keine Rede mehr, wir mußten den langen Weg zum Lager, ungefähr noch ii Kilometer, im sausenden Schritte zurücklegen, denn bei einem Versuch zum Traben steigerten sich meine Schmerzen bis zur Unerträglichkeit; im kurzen Galopp ging’s noch eher, aber jede ungeschickte Bewegung war eine Folterqual für mich, darum zog ich den Schritt vor. Endlos zog sich der Weg in der glühenden Sonnenglut hin, bis wir endlich das Lager vor uns hatten. Kurz vor ihm kam uns ein Eselwagen, der mich aufnehmen sollte, entgegen. Vorausgerittene Reiter hatten von meiner Verwundung im Lager erzählt, es hatte sich sogar schon die Nachricht verbreitet, ich wäre gefallen. So schlimm war es gottlob noch nicht, und um unseren Leuten kein schlechtes Beispiel zu geben, ritt ich, gestützt von meinen ständigen Begleitern auf früheren Patrouillenritten, dem Frachtfahrer Melchior und dem Unteroffizier Jakobs, ins Lager, bis vor das für mich in der Nähe des Hauptquartiers aufgeschlagene Zelt. Nach einer weiteren Stunde war ich von mehreren Ärzten frisch verbunden und bekam sogar ein Feldbett aus dem am Tage vorher angelangten Feldlazarett, einen Genuß,