Dokument 
Die Groß-Industrie Oesterreichs : Festgabe zum glorreichen fünfzigjährigen Regierungs-Jubiläum seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I. dargebracht von den Industriellen Österreichs 1898 ; Fünfter Band
Entstehung
Seite
89
Einzelbild herunterladen

Stühle mit drei übereinander gelegten Walzenpaaren, die zweitgenannte einpaarige Walzenstühle sehr ein­facher Construction. Es fanden sich jedoch wenige Mühlen, welche diese Maschinen richtig verwendeten, ja die Walzenmühle in Pest blieb das einzige grosse Etablissement dieser Art. Trotz Hervorhebung der Vortheile der Walzen in dem 1871 erschienenen Lehrbuche der Mehlfabrication des Referenten (1. Aufl. S. 81, 2. Aufl. S. 224, 3. Aufl. S. 241) blieb es Wegmann Vorbehalten, den Uebergang von der Stein- zur Walzenmüllerei anzubahnen und durchzudrücken.

Für die allmähliche Verkleinerung der Getreidekörner mit Rücksicht auf möglichste Ausbeute von Griesen sind geriffelte Hartgusswalzen zufolge ihrer brechenden und abscherenden Wirkung wesentlich den Mahlgängen vorzuziehen, weil bei dieser Art der Zerkleinerung weit weniger Schrotmehl gebildet wird, welches zu den sehr minderwerthigen Mahlproducten gehört.

Die glatten Walzen hingegen gestatten das Auflösen der Feingriese und Dunste unter thunlichster Schonung der Kleie. Hiedurch werden aus denselben Zwischenproducten reinere Mehle gewonnen, als dies bei Anwendung des Mahlganges möglich ist.

Dem Mahlgange wurden durch die geriffelten Walzen die unter den Benennungen Schroten und Auflösen der gröberen Griese bezeichneten Verkleinerungsarbeiten abgenommen; durch die glatten Walzen wird das Auflösen der Feingriese zu Dunst und theilweise das Ausmahlen des letzteren besorgt, so dass in den neueren Mühlenanlagen der Mahlgang meist nur zum Abmahlen der Schalen und zum Ausmahlen minderwerthiger sehr feiner Dunste (Mahldunste) Verwendung findet.

Vor 50 Jahren wurden in den Mühlen zum Zwecke des Siebens einerseits ebene, geneigte Siebe, die Rüttelsiebe, »Abreiter« oder »Sauberer«, andererseits die »Siebcylinder« Schrot-, Gries-, Dunst- und Mehlcylinder verwendet. Die letzteren sind schwach geneigte, langsam rotirende, meist sechsseitig prismatische, mit Sieb überspannte Holzgerippe. Diese Siebvorrichtungen erfordern viel Raum und wurden theilweise durch die Centrifugal-Sichtmaschinen und die Plansichter verdrängt. In ersteren rotiren Schläger in einem cylindrischen, sich langsam drehenden Siebe, welche das Siebgut gegen die Innenfläche des Siebes schleudern, während bei den letzteren die ebene, horizontale Siebfläche so bewegt wird, dass jeder Punkt des Siebes einen Kreis gleichen Durchmessers, etwa von 120 Millimeter, durchläuft. Bei den Plansichtern ist die ganze Siebfläche gleichzeitig wirksam und wird das Mahlgut ge­zwungen, auf dem Siebe einen vorgeschriebenen Weg zurückzulegen, welcher Zwang durch Abtheilungs­wände und an ihnen angebrachte Förderleisten oder dergleichen besorgt wird. Die Leistungsfähigkeit der Siebcylinder, Centrifugalsichter und Plansichter bezogen auf gleiche Grösse des Siebes verhält sich wie die Zahlen 1:2:4 bis 1:3:7. Die Neuerungen in den Siebvorrichtungen bezwecken sohin vor Allem Erhöhung der Production.

Die Fortschritte in den Griesputzmaschinen streben hingegen scharfe Sonderung nach der Qualität auch bei den feinsten Griesen und Dunsten an, welch letztere durch den Stosswind der früher hervorge­hobenen Griesputzmaschine Paurs, der alten Wiener Griesputzmaschine, nicht wohl behandelt werden konnten. Für die Feingriese und Dunste ist eine viel mehr vertheilte Wirkung der bewegten Luft erforder­lich, wenn die Scheidung richtig erfolgen soll. Die zum Putzen der Feingriese und Dunste in Anwendung stehenden Maschinen sind ausserordentlich mannigfach, doch lassen sich alle auf zwei Hauptanordnungen zurückführen. Entweder wirken gut vertheilte, gelinde Luftströme auf die in dünner Schichte fallenden Dunste (Putzmaschinen mit Saugwind), oder die Dunste bewegen sich in dünner Schichte auf einem Rüttel­siebe, durch dessen Maschen von unten gegen oben Luft hindurchstreicht und die specifisch leichteren Theile Ueberschläge und Flugkleie entweder verhindert durch das Sieb zu fallen, oder dieselben auf hebt und in Fangschalen befördert, welche über dem Siebe angeordnet sind und aus welchen sie durch entsprechende Leitungen in Folge der Rüttelbewegung selbstthätig abgeführt werden (Dunstputz­maschinen nach dem Principe von Cabanes).

Durch diese verbesserten Putzmaschinen ist das Putzen auch sehr feiner Producte ermöglicht und hiedurch eine Mehrausbeute »weisser Züge« bedingt.

Neben den Maschinen hat sich auch das Verfahren des Gries-und Dunstputzens wesentlich ver­vollkommnet. Karl Haggenmacher in Pest war der erste, welcher seine Griesputzmaschinen in Verbindung mit Griescylindern und Rüttelsieben durch Fallrohre und kleine Elevatoren in ein solches System vereinigte, dass das Putzen der Griese jeder Schrotung vollkommen automatisch erfolgte, ohne ein Hin- und Her­tragen der Griessäcke oder Schaffein zu erheischen. Bei Haggenmachers Anordnung, welche in neuerer

Die Gross-Industrie. V.

89

12