Am 12. Juni 1896 wurde der Beschluss gefasst, die Raffinerie zu bauen. Am 28. August war das erste Industriegeleise soweit fertig, dass mit dem Zuführen von Baumaterialien begonnen werden konnte. Am 19. October kam die erste Sendung Rohöl aus den Gruben in der Raffinerie an, und am 28. Jänner 1897, also fünf Monate nach Anfang des Baues, wurde mit dem Betriebe begonnen und die erste Partie Petroleum erzeugt.

Die Raffinerie verarbeitet bei normalem Betriebe 200.000 kg Rohöl täglich und erzeugt daraus i 3 o.ooo kg Petroleum, 24.000 kg Benzin, 20.000 kg Mineral-Schmieröle und 400 kg Paraffin.

Das Petroleum wird je nach der Marktlage im Inlande oder in Deutschland verkauft. Die Benzine, welche in verschiedenen Qualitäten, und zwar für Beleuchtungszwecke, chemische Reinigung, für Motoren und für Fettextraction erzeugt werden, finden ihren hauptsächlichsten Absatz in Deutschland.

Die Mineral-Schmieröle verdrängen allmälig siegreich die amerikanische und russische Concurrenz, das Paraffin, welches sich zur Kerzenerzeugung besonders eignet, die bisher aus Schottland und Amerika importirte Waare.

Die Raffinerie ist nach den neuesten Systemen gebaut. Das Rohöl wird im Gegensätze zu den bisher üblichen Methoden «continuirlich» destillirt. Ein Apparat, in welchem das Rohöl ununterbrochen eingepumpt wird, liefert ebenso ununterbrochen durch ein System von Röhren die verschiedenen, scharf getrennten Producte, wie Benzin, Kaiseröl, Standard-Petroleum, Solaröl und Rückstände.

Die Rückstände werden entweder in den sogenannten Crackblasen weiter zersetzt, um auch daraus Petro­leum zu erzeugen, oder in der Vacuum-Destillation auf Mineral-Schmieröle verarbeitet. Auch diese letztere Anlage ist eine Neuerung in der Oelindustrie, welche es möglich macht, aus dem inländischen Rohöle Producte zu erzeugen, die den ausländischen gleichwerthig sind.

In der Paraffinfabrik leistet die Kühlanlage 200.000 Calorien Kälte pro Stunde und wird von einer 200 HP Maschine bedient. Zwei Benzinmotoren ä 25 HP besorgen den Antrieb zweier Gleichstromdynamos und versehen die Fabrik mit elektrischem Lichte.

Durch den Bau von Beamten- und Arbeiterhäusern ist für die Unterkunft des Fabrikspersonales bestens gesorgt. Ein Dampf- und Wannenbad erweist sich vom hygienischen Standpunkte aus als besondere Wohlthat.

Die Gesellschaft verfügt über einen eigenen Wagenpark von 150 Cisternenwaggons, die ihre Producte nach allen Richtungen verführen. Auf der Grube in Schodnica und in der Dzieditzer Raffinerie finden über 1000 Arbeiter lohnende Beschäftigung.

Im Vorstehenden haben wir versucht, den Entwicklungsgang eines jungen Unternehmens in möglichst anschaulicher Weise zu schildern. Dass ein relativ kurzer Zeitraum genügte, um aus den primitivsten Verhältnissen heraus ein modernes, allen Anforderungen der Zeit entsprechendes Werk zu schaffen, verdient wohl besonders hervorgehoben zu werden. Solche Dinge machen sich aber nicht von selbst. Hiezu bedarf es einer zielbewussten Leitung, eines grossen Aufwandes von Thatkraft, von Fleiss und richtigem Verständnisse. Wo aber diese Grund­bedingungen jeglichen Gedeihens vorhanden waren, konnte der Erfolg auch nicht ausbleiben. Möge derselbe dem Unternehmen auch fernerhin hold sein!

Glück auf!

Die Gross-Industrie. I.

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