BERNACZIK, SCHRÖTER & CO.

SAYBUSCHER PAPIERFABRIK

GALIZIEN.

ie alte, so oft gehörte Klage, Galizien habe keine Haus-Industrie, beginnt langsam zu verstummen. Länger als ein Vierteljahrhundert werden von einer fürsorglichen Regierung und dem Landtage Millionen von Gulden verausgabt, um Bedingungen zu schaffen, unter denen eine Industrie sich ent­wickeln und gedeihen kann. Ununterbrochen wird an der Ausgestaltung des Bahnnetzes gearbeitet, der Flussregulierung, soweit es nur die vorhandenen Mittel zulassen, die grösste Sorgfalt zugewendet und die Instandhaltung der Strassen mit grösster Strenge durchgeführt. Einsichtsvolle Männer, die mit klarem Verständnis die Wendung der Dinge verfolgten, Hessen die günstige Gelegenheit, die sich ihnen bot, nicht unbenützt vorüber­streichen; es entstanden in rascher Folge nacheinander grosse, bedeutende Unternehmungen und unter diesen die Saybuscher Papierfabrik. Im Jahre 1889 thaten sich die Bielitzer Bürger A. Bernaczik, S. Fränkel, M. Schröter mit B. Serog, einem auf dem Gebiete der Papier-Industrie angesehenen Fachmann, zu einem Consortium zusammen, behufs Gründung einer Papierfabrik in Zablocie bei Saybusch. In erster Linie wurde hiebei die Erzeugung von Seiden- und Cigarettenpapieren in Aussicht genommen. Entgegen der in den letzten Jahren sich bahnbrechenden Strömung, die Fabrication zumeist auf Surrogate zu basiren, sollten in der neuen Saybuscher Fabrik möglichst wenige oder gar keine Surrogate zur Verwendung kommen.

Wie richtig die Gründer bei der Wahl der zu erzeugenden Artikel die allgemeine Sachlage beurtheilt hatten, bewies die nächste Zukunft der Fabrik, in der die Production sich in einem solchen Maassstabe continuirlich ver- grösserte, dass nach kaum yjährigem Bestände der Fabrik die Gründer im Jahre 1897 an eine erhebliche Erweiterung und umfassende Reorganisirung der inneren Einrichtung der Fabrik herantraten, die in der ersten Hälfte des Jubiläumsjahres zum Abschluss kam. Bei dem massenhaften Consum von Cigarettentabak in Oesterreich, der von allen Schichten der Bevölkerung fast ausschliesslich geraucht wird, ist auch der Consum an Cigarettenpapier ein enormer, dessen Bedarf jedoch lange Zeit das Ausland und nur zum geringen Theile auch das Inland deckte. Dass die Gründer auf die Aufnahme von Surrogaten von vornherein verzichteten, hatte seinen guten Grund darin, dass in Galizien vorzügliches und im Verhältnis zu anderen Ländern minder kostspieliges Rohmaterial leicht zu beschaffen war.

In der 1889 eröffneten Saybuscher Papierfabrik, die genügendes reines Wasser zur Verfügung hatte, speisten 4 mächtige Dampfkessel 3 Dampfmaschinen, von denen zwei die Stärke von je 40 Pferdekräften, die dritte die Stärke von 200 Pferdekräften besass, ausserdem wurde dem Wasser durch eine Turbine eine Kraft von 80 Pferdekräften und durch ein Wasserrad eine solche von 40 Pferdekräften entnommen. Aus einem Haderndrescher kamen die Hadern in einen Hadernschneider und von da in einen Hadernkocher, welche Apparate, neuesten Systems, auch nach der Vergrösserung der Fabrik beibehalten wurden. Ausserdem bestanden 11 Holländer, 1 Calander und 1 Rollapparat, sowie eine Papiermaschine und eine Papierschneidemaschine. Letztere Maschinen erfordern zu ihrer Bedienung äusserst geschulte Arbeiter, die nicht leicht zu haben waren und aus weiter Ferne berufen werden mussten. Die erwähnte Vergrösserung umfasste folgende Neuanschaffungen: Es gelangte eine Dampfmaschine von 800 Pferdekräften zur Aufstellung, sowie eine kleinere von 40 Pferdekräften, für welche zwei neue Dampfkessel angeschafft wurden. Zu der bereits vorhandenen Papiermaschine kam eine weitere (160 Millimeter Arbeitsbreite), zu welcher eine zweite Papier­schneidemaschine aufgestellt wurde. Die bereits verwendeten Holländer wurden um 17 neue vermehrt und ein zweiter Kocher eingeführt.

Hatte ursprüng-lich die Saybuscher Fabrik eine monatliche Leistungsfähigkeit von circa 18.00020.000 Ries ä. 500 Bogen in normalem Formate 51 X? 6 Centimeter, so ist seit der Vergrösserung diese Production auf das doppelte Quantum gebracht worden. Die Firma unterhält einen lebhaften Export, den die Besitzer seit der erfolgten Umge­staltung des Etablissements auf weitere und grössere Absatzgebiete ausdehnen.

Die Vortheile, die dem Orte Zablocie durch die Gründung der Papierfabrik in nicht unerheblichem Maasse erwachsen sind, äussern sich schon heute. Der ärmeren Bevölkerung insbesondere ist eine Einnahmsquelle erschlossen worden, die ihr lohnenden Verdienst während des ganzen Jahres bietet.

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