Gegend von Czakowitz hat sich denn auch durch die ausserordentlich rationelle Bewirthschaftung weit über die Grenzen Böhmens unter den Landwirthen einen guten Ruf erworben. Die Erzeugnisse der Firma wurden auf den Weltausstellungen in London 1862 und Paris 1867 mit der goldenen und silbernen Medaille ausgezeichnet.

In den Beginn der selbstständigen Wirksamkeit Philipp von Schoellers fällt der Bau der Turnau-Kralup- Prager Eisenbahn (1871), deren Eröffnung für die weitere Entwickelung des Unternehmens von der grössten Bedeutung war, zumal deren Station Czakowitz sogleich durch eine Schleppbahn unmittelbar mit der Fabrik ver­bunden wurde.

1872 wurde auch eine der ersten und wichtigsten Neuerungen Philipps von Schoeller der Bau von Arbeiterwohnungen in Angriff genommen, welche, seither fortgesetzt vermehrt, zur Zeit für etwa 70 Familien ge­sunde und billige Unterkunft bieten. Eine Ergänzung erhielt diese Arbeitercolonie durch die Einrichtung einer Kleinkinderbewahranstalt, in welcher Arbeiterkinder unter sechs Jahren durch vier Tagesstunden unentgeltlich mit Jugendspielen beschäftigt werden.

Der allmähliche Uebergang zum Grossbetrieb und die dadurch bedingte Concentration des gesammten Arbeitsprocesses liess es nothwendig erscheinen, die bisher auf zwei Rübenzuckerfabriken vertheilte Arbeit zu ver­einigen. Deshalb wurde im Jahre 1876 die gesammte Einrichtung für die Gewinnung und Reinigung des Rüben­saftes in einer Fabriksabtheilung vereinigt.

Das Jahr 1878 brachte die glückliche Lösung einer für das Unternehmen eminent wichtigen, aber sehr schwierigen Frage: der Wasserfrage. Bei Einrichtung der Fabrik im Jahre 1850 stand derselben nur der im Dorfe Czakowitz gelegene Teich von circa 4000 Quadratmeter Oberfläche zur Verfügung. Gelegentlich des Baues der neuen Fabrik im Jahre 1856 wurde an dem vom Dorfe Dablitz herabkommenden Bache ein Condensationsteich im Flächenausmaasse von 4000 Quadratmetern angelegt. Bei der zunehmenden Ausdehnung des Betriebes blieb aber trotz aller Bemühungen, den Zufluss zu steigern, die Wasserversorgung eine sehr knappe. Die Wassercalamität wurde eine um so fühlbarere, als das im Jahre 1865 eingeführte Diffusionsverfahren im Vergleich zu der früheren Arbeit mit Pressen viel mehr Wasser beanspruchte. Man half sich zunächst durch die Anlage eines neuen grossen Teiches von circa 7 Joch Ausdehnung, welcher als Sammelreservoir für den Bedarf der jeweiligen Campagne diente. Dieses Auskunftsmittel bot nur eine vorüber­gehende Hilfe, und so reifte denn der Entschluss, mit nicht unerheblichen Kosten die Fabrik durch eine Wasser­leitung von der Moldau aus mit dem nöthigen Betriebswasser zu speisen. Das Wasserwerk, welches aus einem Dampfpumpwerke bei Lieben an der Moldau und einem Hochreservoir bei Prosek besteht, fördert täglich ein Quantum von 3000 Cubikmeter Wasser. Die ganze Anlage wurde, als im September 1878 die Concession ertheilt worden war, noch Mitte September in Angriff genommen und, nachdem die vielfachen Schwierigkeiten bezüglich der Grundeinlösung und der Beschaffung von Servitutsrechten beseitigt worden waren, auch gleichzeitig mit der Legung der 10 Kilometer langen Leitung angefangen. Mitte December wurde mit der Montage der ersten Pumpmaschinen begonnen, und am 31. December 1878, also nach einer Bauzeit von kaum vier Monaten, entströmte das erste Wasser dem Endpunkte der Leitung in Czakowitz.

Mit dem Wachsthum der österreichischen Zuckerproduction stieg die Nothwendigkeit, den Erzeugnissen dieser Industrie auch ausserhalb der Grenzen der Monarchie Absatzgebiete zu gewinnen. Die Czakowitzer Zucker­fabrik liess der Pflege des Exportes besondere Aufmerksamkeit angedeihen. Da jedoch die Raumverhältnisse der beiden bestehenden Fabriksabtheilungen eine Vergrösserung der Production nur unter sehr durchgreifenden Ver­änderungen zugelassen hätten, wurde von Philipp Ritter von Schoeller im Jahre 1882 eine dritte Fabriksabtheilung geschaffen, in welcher ausschliesslich Exportwaare erzeugt wurde.

Philipp Ritter von Schoeller bethätigte sich auch vielfach in der Oeffentlichkeit, es soll jedoch an dieser Stelle nur jener Thätigkeit gedacht werden, welche die Wahrung der Interessen der österreichischen Zucker-Industrie bezweckte.

Anfangs der Sechzigerjahre hatten sich mehrere Gross-Industrielle zusammengefunden, um für die Fabriken ihrer Branche ein eigenes Institut zur Versicherung gegen Brandschäden zu begründen. Bei der Förderung der neu geschaffenen Vereinigung war Philipp Ritter von Schoeller in hervorragender Weise betheiligt. Im Jahre 1876 wurde er Verwaltungsrath des Assecuranzvereines der Zucker-Industriellen, im Jahre 1882 Präsident dieses Ver- waltungsrathes und behielt dieses Amt bis an sein Lebensende.

Durch seine Initiative wurde dieses Institut der Selbsthilfe in den Dienst der Humanität gestellt, denn aus den Ueberschüssen des Assecuranzvereines, welche früher ausschliesslich der Schaffung eines Garantiefondes ge­widmet waren, wurde ein Gründungsfond von circa 320.000 fl. zu dem Zwecke gebildet, um für alle an dem Asse- curanzverbande betheiligten Fabriken ein Pensionsinstitut der angestellten Beamten ins Leben zu rufen. Die alljähr­lichen Zuwendungen für dieses Pensionsinstitut haben gegenwärtig die beträchtliche Höhe von 1,500.000 fl. erreicht und ermöglichen es, dass den Pensionsberechtigten und ihren Familienmitgliedern gegen mässige Beiträge sehr weit­gehende Versorgungsgenüsse gewährt werden können.

Dem intensiver Schaffensfreude und erfolgreicher Arbeit gewidmeten Leben Philipps Ritter von Schoeller machte der Tod ein vorzeitiges Ende; er starb im Jahre 1892 in einem Alter von 57 Jahren.

Nach seinem Ableben übernahm die Leitung der Fabrik sein Sohn gleichen Namens.

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Die Dreitheilung der Fabriksanlage hatte, so vortheilhaft sie in mancher Beziehung auch sein mochte, doch auch wesentliche Nachtheile im Gefolge und entsprach nicht mehr den Anforderungen, welche der moderne Betriebs- process an ein derartiges Unternehmen stellt. Als nun im Jahre 1894 die sogenannte »neue Fabrik« abbrannte, hielt es die Firma für angezeigt, den Arbeitsprocess zu centralisiren und die bisherige unrationelle Zersplitterung aufzugeben. Es wurde daher auch die vom Brande unversehrt gebliebene sogenannte »alte Fabrik« aufgelassen und nur als Magazin verwendet. Die bereits zwei Jahre vorher errichtete selbstständige Rohzuckerfabrik wurde nun mit

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