A. MARSNER

ERSTE BÖHMISCHE FABRIK ORIENTALISCHER ZUCKERWAAREN und CHOCOLADE

PRAG, KÖNIGE. WEINBERGE »PLZENKA«.

ass es in unserer Zeit der riesigen Concurrenz und des sich stets schwieriger gestaltenden Empor- kommens doch auf manchem Gebiete noch immer möglich ist, mit Unternehmungsgeist, rastlosem Eifer, solider Gebahrung und richtiger Reclame bescheidene Anfänge zu ungewöhnlicher Entwickelung und hervorragender Bedeutung zu bringen, davon gibt einen eclatanten Beweis die jetzt in ihre neuen, sehr geräumigen und luftigen Localitäten in die Nähe des Marktplatzes und der Brauerei in die königlichen Weinberge bei Prag übersiedelte Fabrik der Firma A. Marsner, deren Erzeugnisse schon jetzt einen Weltruf geniessen. Es ist nicht uninteressant, einiges aus der Geschichte dieses Etablissements zu erfahren, und die rasche Einführung eines früher nur im Kleinen producirten Artikels in den Welthandel kennen zu lernen.

Nachdem die alten Localitäten, trotz der sorgfältigsten Ausnützung jedes Raumes, für die gesteigerte Erzeugung und für die beabsichtigte Ausdehnung des Betriebes auf die Chocoladenfabrication sich als unzureichend erwiesen, musste zum Baue eines neuen Fabriksgebäudes geschritten werden, das nicht weit entfernt von dem früheren liegt und »Plzenka« getauft wurde.

A^or dem eigentlichen Fabriksgebäude breitet sich jetzt bis zur Kronengasse ein weiter, mit Mauern umschlossener Raum aus, der demnächst mit den Administrationsgebäuden verbaut werden wird.

Vom Hofraume aus betritt man das erhöhte Parterre, wo sich provisorisch die Expeditions-Localitäten und Comptoirs befinden und wo es sofort bemerkbar wird, dass man ein ausgebreitetes, modernen Anforderungen entsprechend ausgestattetes Etablissement vor sich hat. Correspondenzen in allen möglichen Sprachen Expedition in alle Gegenden. Ein helles Licht, die sauberste Ordnung und angenehm luftige Räumlichkeiten überraschen hier und in allen anderen Sälen den Besucher; provisorisch ist hier auch das Local für die Verpackung der nunmehr in vorzüglichsten Qualitäten selbsterzeugten Chocoladen untergebracht. Im Souterrain befinden sich verschiedene Magazine, Räume für den Dampfaufzug, Kühl- und Heizräume, sowie ein Röhrendampfapparat von 30 Pferdekräften.

Die Chocoladenfabrication befindet sich im erhöhten Parterre. Ein betäubender Lärm diverser Mahlwerke, rotirender Cacaobrecher, Hackmesser, Stampfer, alles vermittelst Dampfkraft in Bewegung gesetzt, ist hier vernehmbar. Eine ganze Reihe Walzenmühlen, welche die Cacaomasse durchpassiren muss, bevor selbe als fertige Chocolade die zum Formen nöthige Feinheit und Plasticität erlangt, und insbesondere eine Entluftungsmaschine, mit welcher der Chocoladenmasse alle Luft entzogen wird, fesselt unsere Aufmerksamkeit. Die Knet- und Mischvorrichtungen bewegen sich mit rapider Schnelligkeit und gewaltigem Lärm; überrall klopft, pocht, pufft, zischt und schallt es, überall ein tolles Regen und dabei doch stricteste Ordnung, wie in einem Uhrwerke. Alles ist sinnreich und dabei zweckmässig und praktisch eingerichtet. Einzelne Details noch besonders hervorzuheben, würde unsere Beschreibung zu sehr ausdehnen.

In dem gegen Süden zu gelegenen Tracte befindet sich die eigentliche Fabrication der orientalischen Zuckerwaaren in einem 170 Quadratmeter grossen Saale; in acht grossen Kesseln, welche mit der Dampfleitung in Verbindung stehen und äusserst rationell nur mit Dampf geheizt sind, werden die verschiedenen Erzeugnisse, von denen die meisten aus frischen Früchten und bester Raffinade bestehen, gekocht und delicat schmackhaft fertiggestellt. Ein grosser Backofen zum Backen von Oblaten befindet sich gleichfalls in diesem Raume.

Im ersten Stockwerke befinden sich die Localitäten zur Erzeugung der zum Ausschmücken des Weihnachts­baumes zu verwendenden Zuckerwaaren und das sogenannte französische Laboratorium für diverse Dessertbonbons. Hand- und Fabriksarbeit ergänzen sich hier in bewunderungswürdiger Weise, um die kunstvollsten Formen fertig­zustellen. In den Räumen, wo behufs Formirung von Zuckerbäckereien mit Poudre gearbeitet wird, sind zum Zwecke rascher Luftveränderung Exhaustoren angebracht, und überall ist, wie von berufenen Sachverständigen versichert wird, für die Hygiene bis ins geringste Detail vorgesorgt, was ebenfalls hervorgehoben zu werden verdient.

Im ersten Stockwerke ist weiters ein 30 Meter langer und 6 Meter breiter Saal speciell zur Erzeugung von Brause-Limonadenbonbons bestimmt, wohin der Schwerpunkt der Sommerarbeiten gelegt ist, da es fast kein Land auf dem Erboden gibt, in welchem dieses Erzeugnis sich nicht bestens eingeführt hätte. Die Fertigkeit der gut geschulten

186