Im Jahre 1890 wurden noch 78.000 Hektoliter Bier erzeugt, im Jahre 1897 fanden bereits 152.000 Hektoliter Bier Absatz. Auch im heurigen Jubiläumsjahre liess der jetzige Besitzer namhafte Reformen durchführen, um den Anforderungen, die an seine Brauerei gestellt werden, nachkommen zu können. Dadurch soll die Productions- fähigkeit bis auf 200.000 Hektoliter Bier jährlich gebracht werden. Inzwischen war im März 1893 der Gründer der Firma mit Tod abgegangen und der ganze Besitz kam nun auf dessen Sohn, den heutigen Firmaträger Johann Götz.

Treten wir einen flüchtigen Rundgang durch die Okocimer Brauerei an! Das Sudhaus enthält zwei Doppel­sudwerke mit je 160 Hektoliter Guss; es können hiemit in 24 Stunden 960 Hektoliter Bier erzeugt werden. Dasselbe wurde im Jahre 1895 durch die Maschinenfabrik F. Ringhoffer in Smichow in durchaus moderner Construction ein­gerichtet. Anstossend an das Sudhaus sind vier Kühlstöcke und ein Klärstock aufgestellt. Unter diesen sind drei Berieselungskühlapparate, durch welche die Bierwürze von 40 0 bis 30 0 auf 4 0 abgekühlt wird, um bei dieser Temperatur zur Hauptgährung gebracht zu werden. Diese findet in 210 Gährbottichen à 32 Hektoliter statt, welche in den Gährkellern unter den Kühlstöcken untergebracht sind. Die Gährkeller werden durch künstliche Kühlung in einer Temperatur von 4 0 R. erhalten; das Bier in den Gährbottichen besitzt gleichfalls in Folge Anwendung von gekühltem Süsswasser, der sogenannten Taschenkühlung, eine niedere Temperatur. Ist der Gährungsprocess vorüber, wird das Bier durch zwei Druckregler, welche durch Luftdruck mittelst einer Luftpumpe in Betrieb gesetzt werden, in die Lagerräume gepumpt. Die geräumigen Lagerkeller, in denen constant eine künstliche Temperatur von 1 0 R. herrscht, sind auf 854 Lagerfässer mit einem Rauminhalte von 68.000 Hektoliter eingerichtet. Das Bier wird nun je nach seiner Stärke auf drei bis acht Monate eingelagert und sodann abermals mittelst Luftdruckes in die Trans­portfässer, deren die Brauerei circa 48.000 Stück besitzt, abgeleitet. Etwa 4000 Hektoliter Bier werden zum Export in Flaschen abgezogen und pasteurisirt. Die Okocimer Brauerei erzeugt nur stärkere Lagerbiere (i2°bis i4°bis 18 0 stark), die unter den Marken »Märzen«, »Export« und »Bock« in ganz Galizien und der Bukowina, theilweise in Ungarn, Oesterreichisch- und Preussisch-Schlesien, Russisch-Polen, in kleinen Mengen auch nach Aegypten versandt werden.

Das zum Bier erforderliche Malz wird in der Brauerei Okocim selbst erzeugt; die nöthige Gerste bezieht die Firma aus Mähren, Ungarn und Galizien. Die »Mälzerei« wird theils nach altem Systeme in Malztennen betrieben, welche einen Flächenraum von 4500 Quadratmeter haben, theils in einer neuen pneumatischen Mälzerei, welche allein 300 Waggons Gerste verarbeiten kann. Auf vier Doppelmalzdarren mit einer Fläche von 260 Quadratmetern wird das Malz durch combinirte englische Cylinderfeuerung gedarrt. Der Gesammtverbrauch an Gerste beziffert sich jährlich auf 75.000 Metercentner.

Die motorische Kraft für den ganzen Betrieb liefern drei Dampfmaschinen, die in zwei Maschinenhäusern montirt sind. Den nöthigen Dampf erzeugen drei mächtige Dampfkessel (System Tischbein) mit je 200 Quadratmeter Heizfläche, die alle in einem Kesselhause aufgestellt sind. In dem älteren Maschinenhause stehen eine Dampfmaschine, welche effectiv 120 Pferdekräfte leistet und Sulzers Ventilsteuerung besitzt, sowie eine zweite Reservemaschine von 80 Pferdekräften mit Collmann-Ventilsteuerung. Dieser Maschinenanlage gesellen sich noch zwei Compressoren von Lindes Kühlmaschine zu, und zwar in den Nummern XIV und XII. Diese Apparate erzeugen in dem zu Bierkühl­zwecken verwendeten Süsswasser künstlich eine niedrige Temperatur ; in denselben Maschinen wird Salzwasser abge­kühlt, das in den Gährkellern dem Biere seine Wärme entzieht. Ueberdies sind noch zwei Dynamomaschinen in Betrieb, deren eine für Kraftübertragungszwecke dient, während die andere Accumulatoren speist, deren elektrische Kraft einem Elektromotor zugeführt wird, durch welchen sämmtliche Quell- und Nutzwasserpumpen, sowie die für die Entziehungsmaschinen verwendeten Luftpumpen, die Circularsägen, die Biertrebertrockenapparate und die in der eigenen Schlosserei aufgestellten Maschinen in Gang gesetzt werden. An die bei der letzterwähnten Vergrösserung errichtete neue Mälzerei wurde ein zweites Maschinenhaus angebaut, in welchem in diesem Jahre eine Compound- Receiver-Maschine mit Condensation aufgestellt wurde, welche eine Stärke von 225 Pferdekräften besitzt. Diese betreibt die neue Mälzerei, eine Lindesche Kühlmaschine mit zwei Compressoren Nr. XIV, die zur Abkühlung aller Lagerkeller bestimmt ist, ferner zwei Dynamomaschinen à 150 Ampères, durch welche das gesammte Etablissement beleuchtet wird.

Die Okocimer Brauerei besitzt auch eine eigene Binderei, in welcher 28 Binder damit beschäftigt sind, alle nöthigen Lagerfässer, Bottiche, Transportgeschirre zu verfertigen und die sich ergebenden Reparaturen vor­zunehmen.

Mit einer normalspurigen Industriebahn, deren Betrieb die k. k. Staatsbahn besorgt, wird der Frachten verkehr mit der Station Slotwina hergestellt. Diese vier Kilometer lange Bahn, sowie die mit Eiskühlung versehenen nöthigen Bierwaggons sind Eigenthum des Etablissements. Alle Bauten werden in eigener Regie durch speciell hiefür angestellte Beamte ausgeführt, das Material aus der eigenen Ziegelei, dem Steinbruch und den Wäldern zum grössten Theil selbst geliefert.

Die Brauerei Krakau producirt 11- und i2°iges Lagerbier in einem jährlichen Quantum von 20.000 Hekto­liter. Auch hiefür wird das nöthige Malz selbst erzeugt. Die Krakauer Brauerei ist viel einfacher eingerichtet und besitzt nur ein gewöhnliches Sudwerk, das auf 60 Hektoliter Guss berechnet ist. Eine Dampfmaschine von 15 Pferde­kräften bewirkt hier den Antrieb. Das erzeugte Bier findet in Krakau selbst seinen Absatz.

In der dritten Brauerei zu Slotwina werden blos io°ige Abzugbiere in einem jährlichen Quantum von 12.000 Hektoliter gebraut, welche in der nächsten Umgebung verkauft werden. Für den Gebrauch dieser Brauerei genügen 45 Waggons Gerste. Eine kleine Dampfmaschine unterhält daselbst den ganzen Betrieb.

Für die in ihren Brauereien beschäftigten Arbeiter und Beamten hat die Firma sowohl unter dem früheren, als auch unter dem gegenwärtigen Besitzer in ausgiebigster Weise gesorgt. Abgesehen von allen zum Schutze und zur Sicher­heit des Lebens der Arbeiter, wie zu deren Erholung und Unterhaltung getroffenen Einrichtungen besitzt die Firma bereits seit dem Jahre 1875 eine Kranken-Unterstützungscasse, ferner einen Pensionsfond für die Beamten, welche Institute

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