BIERBRAUEREI

TH. & G. MEICHL

WIENSIMMERING.

in Freiherr von Fels soll im Jahre 1678 die Herrschaft »Simmering« an das Frauenstift »Zur Himmel­pforte« in Wien verkauft haben. Nachweisbar bestand um 1750 in dem alten Herrschaftshause eine sogenannte Hoftaverne, d. i. eine herrschaftliche Schankwirthschaft. Wie aus einer vorhandenen Urkunde hervorgeht, wurde schon um das Jahr 1766 an der Stelle, wo gegenwärtig die Brauerei steht, Bier gebraut. Das Recht hiezu war also dem Kloster vielleicht schon vor 1766 verliehen worden. Im Jahre 1783 wurde das Frauenkloster »Zur Himmelpforte« von Kaiser Josef II. zufolge Entschliessung vom 18. September als aufgehoben erklärt und der Wirthshof alsbald verpachtet. In einem Protokolle der Gemeinde von 1784 kommt der Name des Pächters, Johann Mausberger, k. k. Bestandbraumeister, vor, 1800 wird ein Sebastian Rüster als Braumeister genannt. Im Jahre 1802 wurde der landtäfliche Besitz vom Religionsfond zum Verkaufe ausgeboten und durch Joh. Georg Dietmann erworben.

In die Familie der gegenwärtigen Besitzer gelangte die Brauerei den 15. Jänner 1822, an welchem Tage sie Georg Meichl von Dietmann ankaufte. Im Jahre 1834 gieng die Brauerei erblich an Theodor Meichl und 1869 von diesem an dessen Söhne, die derzeitigen Firmainhaber Theodor und Georg Meichl über.

Im Jahre 1848 wurden in der Brauerei Simmering schon 37.262 Hektoliter Bier gebraut. Von dem genannten Jahre bis heute vollzog sich ein vollständiger Umschwung in der Bierfabrication, und auch die Brauerei Simmering wuchs zu einer mit allen modernen Hilfsmitteln ausgestatteten Bierbrauerei empor, deren Jahresproduction pro 1898 über 180.000 Hektoliter, darunter schweres Bier, und zwar Wiener Märzenbier und auch solches vom Charakter des Pilsener und Baierischen Bieres, beträgt. Das Bier wird ausschliesslich innerhalb der Linien Wiens abgesetzt.

Gegenwärtig wird die Betriebskraft von drei modernen Dampfmaschinen geliefert, und zwar sind zwei ein­fache Ventilsteuerungsmaschinen zu 75 und 125 Pferdekräften und eine Tandemmaschine zu 350 Pferdekräften vorhanden; die Summe der Betriebskraft beträgt mithin 550 Pferdekräfte. Zur Erzeugung des Dampfes dienen sechs Dampfkessel mit zusammen 700 Quadratmeter Heizfläche. Die Beleuchtung besorgen zwei Dynamomaschinen zu je 160 Ampères.

Die Brauerei erzeugt das nöthige Malz selbst; auf circa 4000 Quadratmeter Tennenfläche und auf drei grossen Malzdarren werden 325 Waggons Malz producirt. Das Schroten des Malzes geschieht in einem vollständig feuersicheren Local.

Im Sudhaus stehen zwei Doppelsudwerke für je 165 Hektoliter Erzeugung, wovon eines aus dem Jahre 1892 neu ist und von der Firma F. Ringhoffer in Smichov hergestellt wurde. Eine der Braupfannen, für Dampfkochung eingerichtet, ist die erste Dampfbraupfanne der Wiener Brauereien. Das grosse Kühlhaus enthält zwei Garnituren Kühl­schiffe und in einem eigenen, sehr nett hergerichteten Raume stehen zwei Berieselungs-Kühlapparate, System Weinig. In den beiden Gährkellern befinden sich 152 Gährbottiche. Die 29 Lagerkeller-Abtheilungen fassen circa 40.000 Hekto­liter Bier.

Eine besondere Abtheilung bildet die Hefe - Reinzuchtanlage der Brauerei Simmering, die aus vier grossen Propagirungsapparaten und zwei Sterilisatoren besteht. Die Simmeringer Samenhefe wird von zahlreichen Brauereien des In- und Auslandes sehr gerne bezogen und regelmässig gebraucht.

Zum Kühlen von Würze und in den Gähr- und Lagerkellern wird ausschliesslich künstliche Kälte verwendet, zu deren Herstellung Kälteerzeugungsmaschinen, System Linde, dienen, und zwar sind vier Compressoren mit einer stündlichen Leistung von 420.000 Calorien vorhanden.

An Arbeitern beschäftigt die Brauerei Simmering 225 Personen.

Zum Verführen des Bieres und zur Zufuhr von Gerste, Kohle etc. werden 90 Pferde und 16 Ochsen verwendet.

Die Betriebs- und Wohngebäude, Kellereien und Stallungen sind auf einem Terrain vertheilt, dessen Flächen­inhalt 57.552 Quadratmeter beträgt.

Zu der Brauerei gehört eine grosse Restauration mit Garten, die im Jahre 1895 erbaut wurde. Ausser mehreren Gastzimmern und allen zu einer gut eingerichteten Schankwirthschaft gehörigen Localitäten, hat diese Restauration auch einen kleinen und einen grossen Saal, der besonders schön ausgestattet ist und 1200 Personen fasst.

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