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Die Groß-Industrie Oesterreichs : Festgabe zum glorreichen fünfzigjährigen Regierungs-Jubiläum seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I. dargebracht von den Industriellen Österreichs 1898 ; Fünfter Band
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auf brautechnischem Felde auftauchten, machte er seinem Betriebe dienstbar. In der Mälzerei führte er bereits im Jahre 1860 Doppeldarren ein, im Jahre 1873 wurden neue Kellerbauten ausgeführt.

Als Erbe entschieden fortschrittlicher Familientraditionen war Franz Wanka stets in der ersten Reihe jener Männer zu finden, die für die Interessen der heimischen Brau-Industrie stritten. Sein Name stand neben jenen von J. M. Schary und Ferdinand Urban an der Spitze der Monstrepetition der Brauer Böhmens, welche am 3. Juli 1867 dem Reichsrathe unterbreitet wurde und die in der Bitte um Einführung- der Malzsteuer gipfelte.

In den letzten dreissig Jahren ist die jährliche Bierproduction der k. und k. Hof-Bierbrauerei in Prag von 10.000 Hektoliter auf circa 60.000 Hektoliter gestiegen. Hand in Hand gieng damit eine stetige Erweiterung der Betriebs­anlagen, und heute bildet das Etablissement einen stattlichen Complex von Gebäuden, der auf den Besucher einen mächtigen Eindruck ausübt.

Das Gesammtareal beträgt an 2000 Quadratklafter Fläche. Am Wenzelsplatze befinden sich die populären Schanklocalitäten »Zum Primas« (»u Primasü«), eine der ältesten und bekanntesten Bierwirthschaften Prags und zugleich eines der wenigen Gasthäuser, wo sich auch heutzutage noch Angehörige beider Nationalitäten der Stadt einträchtig »zu fröhlichem Thun« zusammenfinden. In der Stefansgasse steht die grossartig angelegte und hoch­elegante Repräsentations-Restauration der k. und k. Hof-Brauerei, wo dreimal wöchentlich vollständige Militär­capellen die bestbesuchten Concerte aufführen.

Die Brauerei beschäftigt derzeit 6 Beamte, 35 Arbeiter und 8 Lehrlinge. Sie erzeugt Schankbier, Lagerbier, Bockbier und Exportbier. Die Producte wurden auf allen Ausstellungen, an welchen die Hof-Bierbrauerei theilnahm, nämlich auf jenen in Paris 1855, Wien 1856 und London 1862 prämiirt; andere Ausstellungen sind nicht beschickt worden.

Schon in den Fünfziger-, besonders aber in den Sechziger- und Siebzigerjahren genoss das Wankasche Brauhaus, als eine Stätte, wo jeglichem Fortschritt gehuldigt wurde und der Betrieb zu einem möglichst rationellen und zweckdienlichen gestaltet war, in der gesammten Fachwelt einen so klangvollen Namen, dass kein fremder Fachmann es verabsäumte, das Etablissement zu besichtigen, und dass bis in die letzten Jahre viele sogar aus weiter Ferne eigens zu diesem Zwecke eine Reise nach Prag unternahmen.

Eine grosse Anzahl von Persönlichkeiten, die heute hervorragende Stellungen in der Brauwelt einnehmen, waren theils als Praktikanten in der Hof-Bierbrauerei thätig, theils weilten sie darin auf Besuch und zur Besichtigung der Einrichtungen, sowie zur belehrenden Kenntnisnahme des Brauverfahrens, das in derselben ausgeübt wird. Noch heute wird das Etablissement von Fachleuten gern aufgesucht, wenn es auch, da mitten im frequentesten Theile der Stadt gelegen, sich nicht so auszudehnen vermochte, wie neuere, ausserhalb der grossstädtischen Enge angelegte Etablissements.

Besitzer der k. und k. Hof-Bierbrauerei sind gegenwärtig die Kinder des vorgenannten Franz Wanka, und zwar der Sohn Dr. J. U. Franz Wanka und die Töchter Isabella und Adele.

In der vaterländischen Brau-Industrie behauptet die k. und k. Hof-Bierbrauerei zu Prag seit jeher einen ehrenvollen Platz, und dies rechtfertigt den Wunsch, dass sie auch fernerhin wachsen, blühen und gedeihen möge.

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