Dokument 
Die Groß-Industrie Oesterreichs : Festgabe zum glorreichen fünfzigjährigen Regierungs-Jubiläum seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I. dargebracht von den Industriellen Österreichs 1898 ; Fünfter Band
Entstehung
Seite
304
Einzelbild herunterladen

Er kaufte ein neues Gebäude, baute es den Bedürfnissen entsprechend um und gab dadurch dem schon blühenden Geschäfte eine noch bedeutendere Ausdehnung. Gerade um jene Zeit erhielt Romano Vlahov die hervor­ragendsten Auszeichnungen, die einem Industriellen zu Theil werden können; es gab keine Ausstellung, auf welcher er nicht mit seinen Erzeugnissen concurrirt und stets Medaillen und Diplome erworben hätte. Dies erregte den Neid vieler, welche in der Hoffnung, Vlahov zu ihrem Vortheile schädigen zu können, seine erste und eifersüchtig behütete Erfindung, das »Elixir Vlahov«, fälschten und unter gleichem Namen, in ganz gleichen Flaschen, mit den­selben Etiquetten ganz werthlose, ja vielleicht sogar gesundheitsschädliche Erzeugnisse verkauften. Diese Fälschungen geschahen nicht nur in Dalmatien, sondern, als seine Producte sich nach und nach in der ganzen Monarchie und auch im Auslande Bahn gebrochen hatten, fanden sich auch in den entferntesten Ländern Nachahmer, und selbst heute sind solche noch immer vorhanden.

Da sein Geschäft eine ungeahnte Grösse und Bedeutung erreicht hatte, fand Romano Vlahov, der ein Freund beständigen und wahren Fortschrittes war, dass Sebenico nicht der Platz war, der ihm alle jene Vortheile, jene Bequemlichkeit zur Geschäftsführung bieten könnte, welche zur Ausdehnung grosser Industrien unerlässlich sind, und seinem Geiste zeigte sich klar und deutlich die Nothwendigkeit, den Sitz seines Hauses in einen grösseren Handelsort zu verlegen.

Vorerst dachte er an das nahe Spalato, dann an Triest, schliesslich aber wählte er Zara, die schöne und freundliche Hauptstadt der malerischen Provinz Dalmatien. Aber nicht allein die Schönheit des Ortes brachte ihn zu diesem Entschlüsse, sondern mehr noch die Aussicht, dort einen neuen Industriezweig zu schaffen, nämlich die Er­zeugung des Maraschino, der eine Specialität jener Gegend ist.

Während Romano Vlahov zur Verwirklichung dieses schönen Planes schon einen ausgedehnten Grund im lieblichen Orte Barcagno angekauft hatte und mit grossem Eifer die Erbauung des weitläufigen Fabriksgebäudes selbst überwachte, geschah in Sebenico ein schweres Unglück. Durch die Unvorsichtigkeit eines der Destillations­abtheilung zugetheilten Angestellten brach dort Feuer aus, welches einen bedeutenden materiellen Schaden verursachte. Damit nicht genug, musste der arme junge Mann, der das volle Vertrauen seines Chefs genoss und der, in alle Fabriksgeheimnisse eingeweiht, Vlahovs brauchbarster Mitarbeiter geworden war, seine Unachtsamkeit, als ein Opfer der Flammen, mit dem Leben bezahlen. Vlahov, dessen unermüdliche Thatkraft bereits von jenem schweren Leiden untergraben war, das ihm später auch den Tod bringen sollte, wurde durch dieses Ereignis tief erschüttert.

Doch er ermannte sich, und sich zu neuer Energie zwingend, führte er die Errichtung der Fabrik in Zara zu so schnellem Ende, dass er schon im Jahre 1889 dahin übersiedeln konnte, in Sebenico eine Filiale unter der Leitung seines Schwiegersohnes G. Pascoli lassend.

Von dem Etablissement in Zara zu sprechen, würde zu weit führen. Nichts wurde versäumt; Alles was Wissenschaft und lange Praxis an die Hand gaben, wurde von Vlahov benützt, um seine Fabrik nicht nur zu einem Etablissement ersten Ranges, sondern zu einem wahren Muster dieser Art zu machen.

Seinen Sohn Robert, der eben um jene Zeit seine Studien vollendet hatte, behielt er bei sich in Zara mit der Absicht, ihn in alle Fabriksgeheimnisse einzuweihen und mit der Arbeit vertraut zu machen, um in ihm nicht nur einen werthvollen Mitarbeiter, sondern gleichsam ein anderes Ich auszubilden. Und dies gelang ihm vollständig. Der junge Robert entsprach allen Erwartungen derart, dass er nach wenigen Jahren schon die ganze Leitung des ausgedehnten und verzweigten Unternehmens führen konnte.

Unterstützt von seinem Sohne, schritt Romano Vlahov in Zara zur Ausführung der kühnsten Ideen; trotz erbitterter Kämpfe gegen die unreelle Concurrenz, und trotz des Treibens der zahlreichen Nachahmer machte er seine Erzeugnisse, welche schon durch ihre unbestreitbare Gesundheitsförderlichkeit, durch die Reinheit des Aromas und die Vorzüglichkeit des Geschmackes weit und breit beliebt waren, in der ganzen Welt bekannt, indem er zu diesem Zwecke ausgiebige, ernste Reclame und eine bedeutende Anzahl Reisender verwendete, sowie auf den wichtigeren Plätzen Vertretungen, Agentien und Filialen errichtete.

So erstreckt sich gegenwärtig der Kundenkreis der Firma nicht nur über die ganze Monarchie, sondern auch nach allen übrigen Staaten Europas, und sogar nach den wichtigsten Plätzen der anderen Welttheile findet ein regel­mässiger Export statt.

Romano Vlahov war seinen Bediensteten stets ein wohlwollender Chef. Er hat sie immer als getreue Mit­arbeiter an seinen Erfolgen einsichtsvoll behandelt, ihnen einen ihren Verdiensten angemessenen, reichlichen Lohn zu­kommen lassen und auch sonst ihre Lebenslage zu fördern getrachtet. Da die Arbeit auf keine Weise gesundheits­schädlich oder besonders anstrengend ist, können die Arbeiter durch lange Jahre in voller Kraft und ungebeugter Gesundheit ihren Dienst im Hause versehen, bei dem sie in Treue und Anhänglichkeit gerne verbleiben.

Dieser arbeitsfreudige Mann, der sich aus dem Nichts emporgerungen und eine dem Lande neue Industrie zu schaffen und selbe auf eine hohe Stufe des Gedeihens zu heben gewusst hatte, beschloss sein rastloses Leben im November des Jahres 1895 unter allgemeiner Theilnahme.

Doch wenn auch der Gründer starb, so überlebte ihn sein Werk, welches sein Sohn Robert, der Nachfolger im Besitze, mit hochstrebendem Geist zu leiten fortfährt, von dem Grundsätze ausgehend, dass der Fortschritt eine Pflicht sei.

Robert Vlahov hat es sich zur Aufgabe gemacht, hinter Niemand zurückzubleiben, in stetem Gedenken an den Ausspruch Smiles, den zu beherzigen ihm sein Vater noch im Testamente empfahl:

»Die praktische Wissenschaft lernt man in der Schule der Erfahrung.«

304