gilt, weichen musste. Eine schöne, in gothischem Style erbaute Kapelle mit einem von Sr. Excellenz dem Herrn Landeshauptmanne gewidmeten prachtvollen Altarbilde von Adam Weisskircher und der im Jahre 1819 errichtete, in seinen grandiosen Formen vollendete, auf zwölf jonischen Säulen ruhende Brunnentempel, von welchem die bisherige Haupt­quelle den Namen »Tempelbrunnen« erhielt, trugen viel zur Verschönerung des Curplatzes bei. Vier Süsswasser­leitungen, deren erste ebenfalls im Jahre 1819 2000 Meter lang angelegt wurde, behoben den Mangel an Süsswasser.

So sehr hob sich der Versandt des Rohitscher Sauerbrunn, dass derselbe im Jahre 1835 bereits 465.234 Flaschen betrug. Allerdings traten auch während dieser Periode durch das Auftauchen neu entdeckter Sauerwässer, sowie durch die künstlichen Mineralwässer nicht unwesentliche Schwankungen ein, jedoch immer wieder bewährt sich die Vorzüglichkeit des echten Rohitscher Sauerbrunns und führt demselben sowohl Abtrünnige als neue Abnehmer zu.

Im Jahre 1828 wurde dem Gründer der Anstalt, Sr. Excellenz Herrn Grafen Ferdinand von Attems, auf dem dem Tempelbrunnen zunächst gelegenen Hügel ein Denkmal gesetzt, bestehend aus einer Bronzebüste, die auf einem Monolith-Piedestale von österreichischem Granit ruht, und wurde dieser mit reizenden Parkanlagen versehene Hügel von nun an »Ferdinands-Hügel« genannt. Am Fusse desselben steht die vom Wiener Apotheker-Gremium gewidmete Statue des heiligen Johann von Nepomuk. In diesen Jahren und bis gegen Ende der Vierzigerjahre schwankte die Zahl der jährlichen Curgäste zwischen 750 und 900 Personen. Damals stieg und fiel die Zahl der Curgäste, sowohl wie jene des Wasserversandtes ununterbrochen, bis nach der Erbauung comfortablerer Wohnhäuser, Einrichtung guter Restaurationen und eines Kaffeehauses zu Anfang der Regierungszeit Sr. Majestät des Kaisers Franz Joseph I. etwas mehr Beständigkeit eintrat und die Anstalt nunmehr auf einen durchschnittlichen Besuch von 2500 bis 2600 Per­sonen rechnen kann. Dieselbe zählt gegenwärtig 18 allen Anforderungen der Hygiene und des Comforts vollständig ent­sprechende Wohnhäuser mit 450 von in der einfachsten bis zur elegantesten Weise ausgestatteten Zimmern, drei grosse Restaurationen und ein Kaffeehaus in den eigenen Häusern und mehrere kleinere Gastwirthschaften, ausserdem ein Hôtel Garni und verschiedene Privatvillen mit zusammen circa 100 weiteren Zimmern. Die günstige Verbindung mittelst Eilzügen von Wien, Graz, Triest, Klagenfurt, Agram und Budapest ermöglicht es, die Anstalt in wenigen Stunden zu erreichen, da auf Bestellung bei der Direction vorzügliche Equipagen die Weiterbeförderung von den Eisenbahnstationen Pöltschach der Südbahn und Krapina der Zagorianerbahn besorgen.

Der Bau einer Eisenbahnverbindung mit den Linien der Südbahn einerseits und jenen der Zagorianer, d. i. ungarisch-croatischen Bahnlinie, andererseits ist im Detail ausgearbeitet und steht bevor.

Die unermüdliche Sorgfalt, welche der aus den seinerzeitigen Landständen hervorgegangene Landesausschuss, der gegenwärtig die Verwaltung der steierischen Landesfonds besorgt, allen administrativen Zweigen, und somit auch den steierischen Bädern, zuwendet, manifestirt sich in den ununterbrochenen, die Hebung der Curanstalten bezweckenden Neuerungen und Verbesserungen. So wurden in den letzten fünfzehn Jahren ein neues Badehaus gebaut und in dem alten sämmtliche Badewannen aus carrarischem Marmor hergestellt, die Badecabinen comfortabler eingerichtet, eine Kaltwasseranstalt und ein Schwimmbad errichtet und die veraltete Füllmethode mittelst Pumpens des Mineralwassers durch Anlegung eines den neuesten Erfahrungen entsprechenden Füllschachtes, in welchem die Quellen direct aus den Brunnen durch glasirte Rohre in die Flaschen abfliessen, ersetzt, eine nicht genug hervorzuhebende Errungen­schaft, indem das Wasser ohne den mindesten Verlust an Kohlensäure in die Flaschen gelangt, welche auch gleich an Ort und Stelle mittelst Maschinen verkorkt werden.

Eine weitere Action von hoher Bedeutung ist die im Jahre 1884 erfolgte Neufassung und Isolirung von jedem Süsswasserzufluss der früher als »Platzbrunnen« bekannten Quelle, welche, von dem verdienstvollen Professor an der technischen Hochschule in Graz J. Rumpf vollständig isolirt, nun unvermischt als Mineralwasser zu Tage tritt.

Auf Grund der chemischen Analyse und der Empirie müssen sowohl diese nunmehr »Styriaquelle« genannte, wie auch die ältere Quelle, der altbekannte »Tempelbrunnen«, als hervorragende Repräsentanten der alkalisch-salinischen Säuerlinge bezeichnet werden. Die kohlensäurereichsten unter allen ähnlichen Mineralwässern, führen sie eine mit den Karlsbader Quellen fast gleiche Quantität Glaubersalz und enthalten ausserdem eine von keiner anderen Quelle er­reichte Menge des nicht minder wirksamen kohlensauren Magnesiums. Der Unterschied zwischen beiden Quellen liegt hauptsächlich im grösseren Reichthume der Styriaquelle an festen Bestandtheilen, die Tempelquelle enthält nämlich in 10.000 Gramm Wasser deren 10223 Gramm, wogegen die Styriaquelle nicht weniger als 122-32 Gramm aufweist. Dementsprechend ist das Wasser der Tempelquelle ein allbeliebtes diätetisches Getränk beim täglichen Gebrauche, jedoch mit der günstigsten Wirkung auch bei gewissen krankhaften Zuständen, während die Styriaquelle ein Wasser liefert, welches an Geschmack schon bitterlicher, an wirksamen Substanzen bedeutend reicher, ein Heilwasser ersten Ranges vorstellt. Wenn wir die schon oben berührte Aehnlichkeit dieses Wassers mit den Karlsbader Quellen, ja seine Ueberlegenheit *) in gewisser Beziehung gegenüber diesem berücksichtigen, so wird es uns klar, dass Rohitsch- Sauerbrunn nur äusserer Hilfe bedarf, um für den südlichen Theil der österreichisch-ungarischen Monarchie und die angrenzenden Staaten das zu sein, was Karlsbad im Norden ist.

Die Fürsorge des Landesausschusses erstreckt sich auch auf die Gewinnung tüchtiger, erfahrener Aerzte, welchen sich die Curgäste mit voller Beruhigung anvertrauen können. Gegenwärtig versehen diesen Dienst Dr. Bêla Gâmân Edler von Benczencz und Dr. Josef Hoisel, Mitglied des steiermärkischen Landessanitätsrathes. Ueber die In- dicationen und Contraindicationen für den Gebrauch der Rohitscher Mineralwässer geben die durch die Direction der Anstalt unentgeltlich erhältlichen Broschüren und Prospecte, wie auch die von den obgenannten Brunnenärzten ver­fassten Broschüren Aufschluss, in Kürze sei jedoch auch hier erwähnt, dass es insbesondere die verschieden­artigsten Verdauungsleiden, Verstopfung, Fettleibigkeit, Leberleiden, Zuckerkrankheit, Gicht, Wechselfieber und katarrhalische Zustände sind, bei welchen sich diese Quellen als besonders heilsam erwiesen haben. Ausser den bereits genannten Heilmethoden, wie Süss- und Sauerwässerbädern, Kaltwassercuren, Schwimmbädern, stehen in der Cur-

') Die Abdampfungsrückstände der Styriaquelle verhalten sich zu jenen des Karlsbader Sprudels wie 6741: 55-16.

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