GIOACHINO VENHZIANI

ERSTE 0ESTERREICHISCHE PRIV. SCHIFFSBODENFARBE-FABRIK

TRIEST.

er die mächtigen, eisengepanzerten Schiffsungethüme, welche heutzutage die Oceane durchkreuzen, mit staunender Bewunderung betrachtet, wie sie, der Elemente Macht trotzend, ruhig ihre Bahn ver­folgen, dem wird es wohl nicht glaublich erscheinen, dass die armseligsten Lebewesen, die ver­schiedenen Würmer, Muscheln und die anderen niederen Meeresthiere, sowie die Algen und sonstigen Wasserpflanzen, dem Gange dieser gigantischen Menschenwerke störend entgegentreten können.

Und dennoch ist dem so; diese verschiedenen Bewohner des Meeres (besonders Teredo navalis, von Linné Calamitas navium benannt) setzen sich nämlich in solchen Massen an den Kiel sowie an dem Schiffskörper überhaupt fest, dass sie, namentlich bei der ihnen eigenen immensen Vermehrung, die Fahrgeschwindigkeit bis auf die Hälfte herabzusetzen vermögen und auf diese Weise den störendsten Einfluss auf die Seefahrt ausüben.

Die schmarotzerhaften Anwüchse entwickeln sich in einem solchen Maasse, dass man deren oft io bis 12 Tonnen an einem Schiffsboden vorfand, und zwar 5 bis 6 Kilo auf einem Quadratmeter Oberfläche. Einem englischen Schiffe, welches von Colombo mit einer Kaffeeladung in die See stach, ohne den Schiffsboden von den Muscheln und dem Grase reinigen zu lassen, widerfuhr es, dass seine Geschwindigkeit von 11 auf 6 Meilen sank. Auf hoher See war der Kohlenvorrath bald verbraucht und, um zum nächsten Hafen zu gelangen, musste Kaffee im Werthe von 6000 fl. als Brennmaterial verwendet werden.

Als noch Holzfahrzeuge zur Schifffahrt dienten, machte sich zwar die Wirkung dieser Schädlinge des Meeres auch schon geltend, die Gefahr war damals sogar eine grössere, denn die verschiedenen Würmer vermochten sich in das Holz einzubohren und zerstörten so das Schiff bald zur Gänze, aber dafür war die Abwehr eine leichtere: man bedeckte das Holz, nachdem man es zuvor mit Theer bestrichen hatte, einfach mit Kupfer, welches die ver­schiedenen Thiere ferne hielt.

Die Sache wurde weit schwieriger, als vor fünfzig Jahren die Eisenschiffe an die Stelle der Holzschiffe traten, und schwierig bleibt sie noch heute.

Wenn wir an das Problem näher herantreten, so finden wir, dass es sich eigentlich um zweierlei handelt: Vor Allem ist es nothwendig, den Ansatz von Pflanzen und Thieren zu verhindern, gleichzeitig muss aber der vom Seewasser herbeigeführten Corrodirung eiltgegengetreten werden. Im Anfänge glaubte man dem Uebelstande dadurch zu steuern, dass man den Schiffsboden mit Blei, Mennige oder Bleiweiss, welche Substanzen mit Talg und Arsenik gemengt wurden, anstrich. Das Arsenik sollte, wie die Engländer sagen, »Antifouling« wirken, d. h. die sich an­setzenden Thiere tödten. Bald aber stellte sich die Unbrauchbarkeit dieser Mittel heraus, da man unter dem Mennige solche Corrodirungen fand, dass man den grössten Theil der Nägel erneuern musste; andererseits waren dieselben unzureichend in Betreff des Ansatzes; ferner waren sie sehr unökonomisch, denn das Schiff musste nach dem Auf­trägen jedes neuen Anstriches längere Zeit unthätig bleiben, da derselbe bei dieser Zusammensetzung schwer trocknete. Man dachte dann an verschiedene andere chemische Verbindungen, und zwar erschienen zuerst Lösungen von Gummi und Lack in Alkohol, dann solche anderer Harze in flüchtigen Oelen, in welchen Mischungen mehrere Gifte, welche noch heute angewendet werden, aufgelöst waren.

Aber auch diese Anstriche besitzen nicht annähernd alle gewünschten Eigenschaften ; denn nach den ersten drei bis vier Wochen bilden sich bei allen diesen Gemengen Blasen, welche bald abgerieben werden und das Metall entblösst lassen ; ferner verlieren die beigemengten Gifte bald ihre Kraft, so dass der Rheder gezwungen ist, nach je vier bis fünf Monaten das Schiff regelmässig ins Trockene zu setzen, und erhebliche Spesen für Dock, Anstrich, sowie auch die Unthätigkeit zu tragen hat, wenn er nicht gewillt ist, sich noch grösserem Schaden da­durch auszusetzen, dass er weiterfährt, ohne den Schiffsboden von dem Ansätze, welcher grösseren Kohlenverbrauch und zugleich verminderte Fahrgeschwindigkeit verursacht, reinigen zu lassen.

Mehrere hervorragende Chemiker beschäftigten sich mit diesem Probleme, und bald fehlte es nicht an allerlei Recepten für Firnisse und Tünchen, welche das Eisen von Oxydirungen und Ansätzen bewahren sollten. Es fehlte auch nicht an mehr oder weniger sonderbaren Rathschlägen und Plänen. Aber selbst die wenigen Anstriche,

Die Gross-Industrie. V.

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