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Der Suezkanal : seine Geschichte und seine wirtschaftspolitische Bedeutung für Europa, Indien und Ägypten / von Alfred Birk und Karl Hermann Müller
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Die wirtschaftspolitische Bedeutung des Suezkanals.

III. Die Gründer und ihre Erben. 1 ,

Eine förmliche Gründung der Suezkanalgesellschaft hat es nie gege­ben. Die eigentliche Gründungszeit dauerte vom Jahre 1846 bis zum Tode Negrellis, des geistigen Schöpfers des Kanals. Er starb am 1. Ok­tober 1858. In den Tagen vom 15. bis 20. Dezember 1858konstitu­ierte Lesseps seine aus den nicht gesetzlichenGründern zusammen­gestellte Gesellschaft, die er einfach seinem Mandat substituierte, da er weder die Einwilligung des Vizekönigs noch die Unterzeichnung der Pforte hatte.

Die hierauf sich beziehenden Sitzungsschriften sind im Archiv Re­voltelias aufgefunden worden. Die Gründerliste aus dem Jahre 1861 kam nicht aus Ägypten; der Sekretär des Vizekönigs, Bey, hat sich zur Mitwirkung bei dem darin hegenden Betrug hergegeben und da­für von Lesseps 10 Gründeranteile erhalten. Dadurch kam sein Name auf die Gründerliste, die das Datum vom 4. Mai 1861 trägt und die eine Fälschung ist. Auf diese Gründerliste vom 4. Mai 1861 werde ich weiter unten noch zurückkommen.

Auf Grund dieses aus der Luft gegriffenenGründerverzeichnisses, das sämtliche ursprünglichen tatsächlichen Mitglieder der Urheber­gesellschaft teils ausschließt, teils in ihrem Rechte verkürzt, werden von der heutigen Suezkanalgesellschaft die 10°/ 0 Gründerdividende gezahlt.

Die Mittel, welche Lesseps anwandte, um die ursprünglichen, recht­mäßigen Anteilbesitzer ihrer Anrechte zu entkleiden, sind bisweilen recht merkwürdig gewesen. Um nur einen Fall herauszugreifen: der damalige preußische Oberbaurat Lentze dessen Neffe vor den Kriegsjahren bekannt geworden ist erhielt als Mitglied der inter­nationalen Kommission vom Generalstatthalter der privilegierten Provinz Ägypten einen ursprünglichen, ganzen, ungeteilten und un­teilbaren Gründeranteil verliehen. Lesseps spaltete wie schon im ersten Teile berichtet wurdeam 12. Februar 1859 die ursprüng­lichen 100 Teile ganz ungesetzlich in 1000, teilte diese Spaltung den Gründern nicht mit und ließ an Lentze schreiben, daß ihm zwei Teile zur Verfügung ständen, also nur 1 / 5 des ihm zukommenden Anteils. Dieser Brief aus dem Jahre 1861 trug nur die Adresse:Monsieur Lentze, Berlin! Es war nicht der oben angeführte rechtmäßige Titel Lentzes und auch nicht die AnschriftMinisterium der öffentlichen Arbeiten hinzugefügt, obwohl Lesseps beides bekannt war. Darum