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Der Suezkanal : seine Geschichte und seine wirtschaftspolitische Bedeutung für Europa, Indien und Ägypten / von Alfred Birk und Karl Hermann Müller
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V. Bau und Betrieb des Kanals.

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als ein Enfantin, der im beharrlichen Ringen ohne Aufgeben seiner sittlichen Grundsätze, immer nur das leuchtende Ziel einer Weltkulturarbeit vor Augen im gemeinsamen Zusammenwirken aller Völker die Frage zu lösen bemüht ist. Lesseps hat von Anfang an mit dem Unternehmen gerade das verquickt, was Enfantin und Dufour und ihre Mitarbeiter von ihren Bestrebungen fern hielten: Eigenliebe, Ruhmsucht, Geldgewinn. Sonst hätte er wahrlich keinen Grund gehabt, die Studiengesellschaft beiseite zu schieben und beharrlich die Namen jener zu verschweigen, die vor ihm und mit ihm an dem Werke gearbeitet haben. Lesseps war ein tüchtiger Macher, aber einer von jenen, die jedes Mittel gutheißen und verwerten, das ihnen zur Erreichung ihres Zieles dienlich ist. Der Erfolg war ihm. Doch der Grundsatz: Zweck und Erfolg heiligen das Mittel, darf nicht Gemeingut der Menschheit werden; denn an ihm müßte die Welt sittlich verkommen. Auf Lesseps Suez konnte nur Lesseps Panama folgen das war naturgemäße Entwicklung des innersten Wesens dieses Mannes, der leuchtend in der Geschichte der Welt­wirtschaft dastehen würde, wenn er sein Schild fleckenlos erhalten hätte.

V. Bau und Betrieb des Kanals.

1. Linienführung und Querschnitt des Kanals. 91 ) Als der Suezkanal am 17. November 1869 eröffnet wurde, entsprach seine Anlage durchaus nicht in allen Beziehungen den technischen Bestimmungen, die die internationale Kommission festgesetzt hatte. Nur die Kanallinie war genau im Sinne der Kommissionsbeschlüsse ausgeführt worden. Der Kanal hat von Port Said, wo er in das Mittelländische Meer mündet, bis Suez eine Länge von 160 km, von Port Said läuft er zunächst in gerader Linie auf eine Länge von 60 km durch den See Mensaleh, der gegen das Meer durch eine schmale Nehrung abgeschlossen ist, und dann durch den Ballahsee, den ein unbedeutender Höhenrücken vom Mensalehsee trennt, während einige Vertiefungen ihn mit diesem verbinden. Der See Mensaleh hat bei Hochwasser des Nils eine mittlere Wassertiefe von 1,5 bis 2 m, bei Niederwasser liegen große Flächen trocken. Die Ausbaggerung lieferte vorwiegend Nilschlamm; erst in größerer Tiefe fand sich sandiger Boden. Zwischen dem Ballahsee und dem Timsahsee durch­schneidet der Kanal auf 15 m Länge die 16 m hohe Schwelle von El Guisr; der Timsahsee hat eine Tiefe bis zu 7 m unter dem Meeres-