24
Geschichte des Suezkanals.
Es kamen die Oktobertage des Jahres 1848; Österreich wurde in seinen Grundfesten erschüttert; ganz Europa erbebte. Der Gedanke wurde wieder lebendig: Österreich und Deutschland zu einem großen mitteleuropäischen Zollstaate zusammenzuschließen, dessen Handel — wie Dufour hoffnungsvoll betont — auf den vier durch Eisenbahnen und Ströme verbundenen Meeren blühen wird. „Dann kommt auch Suez wieder an die Reihe.“ Es ist begreiflich, wenn die führenden und tatkräftigen Männer der Studiengesellschaft es schwer empfanden, daß die schönen Vorarbeiten so lange unbenützt ruhen mußten und wenn ihnen schließlich um die Zukunft des großen Gedankens ernstlich bange wurde; es blieb ihnen nur die Hoffnung, daß solche Arbeiten nicht untergehen werden. In dem Gedanken, daß das lebende Geschlecht, wenn es das vollendete Werk nicht mehr sehen sollte, doch durch seine Arbeiten und Bestrebungen einen grundlegenden Stein zu dem gewaltigen Bau herbeigetragen und verankert habe, lag für sie alle ein erhebender Trost.
II. Die Studiengesellschaft und Lesseps.
1. Wiederaufnahme erhöhter Tätigkeit seitens der führenden Männer der Gesellschaft. Allmählich beruhigten sich die politischen Wogen; man dachte wieder an wirtschaftliche Aufgaben. Das Verkehrswesen trat in den Vordergrund dieser Bestrebungen. Überall bemühte man sich seine Entwicklung zu fördern. Auch die „Orientfrage“ wurde in diesem Sinne wieder lebendig und dringender als je zuvor. Die überlieferten Verkehrsverhältnisse genügten nicht mehr im Orienthandel. Der Weg über Aegypten bedurfte gründlicher Umgestaltung. Die Überlandpost von Indien nach Suez lief von Bombay und Calcutta aus. Die Schiffe verkehrten nur einmal im Monat; in der Zeit von Mai bis Juli ruhte die Schiffahrt von Bombay aus vollständig. Von Suez ging der Verkehr auf einer von Mehmed Ali erbauten, 10 bis 15 Klafter breiten und teilweise gut erhaltenen Straße nach dem etwa 70 engl. Meilen (rd. 113 km) entfernten Cairo; 15 Poststellen vermittelten den Pferdewechsel; europäisch eingerichtete Gasthäuser boten gute Verpflegung; der Verkehr lag in den Händen der „Transitgesellschaft“; vierrädrige Omnibusse zu 12 und zweirädrige Wagen