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Der Suezkanal : seine Geschichte und seine wirtschaftspolitische Bedeutung für Europa, Indien und Ägypten / von Alfred Birk und Karl Hermann Müller
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III. Die Gründer und ihre Erben.

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blieb der Brief unbestellbar; er ging nach Paris zurück; die */§ An­teile wurden Lentze nicht ausgehändigt. Trotzdem steht Lentze auf den falschen Gründerlisten!

Sich selbst hat Lesseps natürlich nicht vergessen; seine Erben sind mit 120000 Francs je Jahr noch heute aus den Einnahmen der Ge­sellschaft bedacht. Dieser außerordentlich hohen Summe gegenüber dürfte es von Wert sein darauf hinzuweisen, daß Lesseps, der den eigentlichen geistigen Schöpfer des Kanalgedankens und eigentlichen Urheber des Baues, den deutschen Ingenieur Negrelli 1 ) und dessen Erben vollständig aus den Gründerlisten strichnicht in dem Maße als Schöpfer des Kanals angesehen werden darf, wie dieses seitens der internationalen Literatur und durch das Denkmal vor der Kanalein­fahrt geschieht.

Der eigentliche Erbauer des Kanals nach den Plänen Negrellis war Napoleon III. Lesseps war nur sein allerdings sehr rühriges Werkzeug. Ein Zeugnis dafür bietet der amtliche Bericht des Regierungsinge­nieurs M. de Montant, der im Jahre 1859 als Kommissär nach Ägypten gesandt wurde, um die von Lesseps zur Täuschung der Aktionäre begonnenen Scheinarbeiten, deren ja auch im ersten Teile gedacht wird, zu besichtigen. De Montant war über das Gesehene entsetzt. Sein amtlicher Bericht befindet sich noch heute im Archiv des franzö­sischen Handelsministeriums. Die von de Montant so scharf verur­teilten Scheinarbeiten wurden am Isthmus von Suez trotz der ent­schiedenen Einsprache der ägyptischen Regierung unter dem Schutze Napoleons bis zum März 1866 fortgesetzt. Zu diesem Zeitpunkte ge­lang es endlich den französischen Diplomaten, die Hohe Pforte zur Unterzeichnung der zwei Gründungsfirmane und der Satzungen zu bewegen. Die Unterzeichnung geschah auf der Grundlage der in türki­scher Staatssprache verfaßten, im Jahre 1856 von der ägyptischen Regierung dem Sultan unterbreiteten Urkunden, die wesentlich von den französischen Übersetzungen, die Lesseps veröffentlichte, ab­weichen. Die heutige Suezkanalgesellschaft funktioniert nach den nicht unterschriebenen Übersetzungen, die juristisch wertlos sind. Lesseps nahm nach Erledigung dieser Formalitäten den Bau des Kanals in Angriff. Das Gelände war sehr günstig, die Arbeiten waren von Negrelli gut vorbereitet, und so konnte der Kanal, aller­dings sehr mangelhaft ausgeführt (vgl. I. Teil), am 17. Novbr. 1869

9 Ich verweise hier auf das Werk Birks: Alois von Negrelli Teil I und II, Verlag Wilh. Braumüller, Leipzig und Wien.

10 Die Geschichte des Suezkanals.