2 Allgemeines für Orient-Heisende.
Dazu kommt Folgendes: Jeder Beduine oder Grieche weiss, dass, wenn ein Franke ein Schiessgewchr in der Hand hat, mit einer an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, erstens, : dass es geladen ist, und zweitens, dass es, sobald auf den Hahu ge- j drückt wird, losgeht, was sich mit gleicher Zuversicht von dem Waffen- ! magazine, welches er selbst an und um sich hängen hat, nicht annelmien lässt. Endlich aber wird, wenn ein Franke beleidigt worden ist, Alles in Bewegung gesetzt, um Genugthuung zu erlangen. Die Consuln schreiben energische Briefe, die Paschas werden aus ihrem Phlegma aufgestört, Soldaten, Kawassen und Tataren jagen wie toll durch das Land, wo die Unthat vorgefallen ist, misshandeln die Bevölkerung und leben als Executionstruppen in deren Häusern, bis der Mörder — oder statt seiner ein Anderer — aufgefunden und, um den Consul zu beschwichtigen, geköpft worden ist, während die sonstigen Verdächtigen die Bastonade bekommen haben. Alles diess ist sehr unangenehm, ! und so ist es gekommen, dass die Bewohner der Striche, wo die Re- gierungen überhaupt ihre Hand fühlen lassen können, schon seit Jahren zu der Einsicht gekommen sind, dass bei Anfällen auf Europäer ; der zu hoffende Gewinn von der zu fürchtenden Strafe überwogen wird, j Als zweite wichtige Frage drängt sich die auf, zu welcher Zeit ! man die verschiedenen Länder des Orients besuchen soll. In dieser i Beziehung empfiehlt man für die, welche auf die Tour ein ganzes ! Jahr und mehr Zeit verwenden können, Nachstehendes: Januar und die erste Hälfte des Februar verbringe man in ICorfu oder Athen, ln j dieser Jahreszeit ist es in der Regel zu kalt und stürmisch, und die i Flüsse sind zu sehr angeschwollen, um eine Reise in das Innere Griechenlands unternehmen zu können. März, April und Mai verwende man auf Touren durch Nordgriechenland und Thessalien, Morea und i Albanien. Zu Reisen, welche tiefer gehende Studien zum Zwecke | haben, ist die Zeit von drei Monaten zu kurz. Derjenige aber, welcher sich nicht an einige Strapatzen kehrt, wird in ihr im Stande sein, alle allgemein interessanten Orte dieser Gegenden zu sehen und sich einen guten Begriff von der Art des Landes und seiner Bewohner zu verschaffen. Im Juni besuche man sodann die Inseln des Aegäi- sclien Meeres, die Sieben Kirchen Asiens und die Ebne von Troja. Die beiden folgenden Monate verhalte man sich ruhig in Ivonstanti- uopel und in den kleinen Orten am Bosporus, welche in dieser Jah- j reszeit kühler als irgend ein Punkt an der Küste des Mittelmeeres i sind. Eine Wanderung durch Syrien und das heilige Land kann im September unternommen und Ende October vollendet werden. Nach j Aegypten zu gehen, um sich dort länger aufzuhalten, ist nur im Winter rathsam. Wer endlich die Tour durch das südliche Kleinasien zu machen wünscht, der wähle dazu die ersten Frühlingsmonate.
Der Verfasser, welcher seine Reise zu Ende December antrat und in kürzerer Zeit zurückkehren musste, kann denen, die sich im gleichen Falle befinden, folgenden lieiseplan empfehlen. Man begebe sich von Wien Mitte December nach Triest, besuche in der Zwischen- |