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Aegypten : Reisehandbuch für Aegypten / von Moritz Busch
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Leichendienst.

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\incl gelangen im Osten zu den Gefilden des Sonnengottes Ke, um sich auf ewig an dessen Anblick zu freuen.

In welcher Verbindung man sich das Schicksal des todten Lcihes mit der Seele dachte, ist unklar. Es scheint indess, dass man aunahm, die Fortdauer der Seele sei an die Fortdauer des Leibes geknüpft und die entweihte oder gestörte Ruhe des letzteren beunruhige auch die Seele in ihrem Aufenthalt im Lande der Seligen. Daher die ängstliche Sorge für Erhaltung der Leichname, der wir in den Monumenten des alten wie des neuen Reiches begegnen.

Die Verwesung abzuwehren, wurde die Leiche einbalsamirt. Man verfuhr dabei nach sehr bestimmten priesterlichen Vorschriften. Nach Herodot wurde zuerst das Gehirn durch die Nasenlöcher heraus­gezogen. Dann trat der Tempelschreiber des Bezirks an die Leiche und bezeichnete genau den Ort, wo eingeschnitten werden musste. Der Einschneider tliat den Schnitt mit einem scharfen Stein und entfloh sogleich, verfolgt von Flüchen und Steinwürfen der Angehörigen. Hierauf wurden die Eingeweide durch den Einschnitt herausgenom­men, der Leih mit Palmwein ausgespült und mit Myrrhen und andern Spezereien gefüllt wieder zugenäht. Dann lag der Leichnam siebzig Tage in Natron, worauf er wieder gereinigt, mit Harz bestrichen und mit Byssusbinden umwickelt wurde. Aermcre mussten sich mit einer einfacheren Behandlung begnügen. Auf der Brust wurde meist der dem Ptah heilige Skarabäus oder das offene Auge, das Zeichen des Osiris, angebracht.

Die Särge, in welchen die Leichen beigesetzt wurden, viereckig oder die Gestalt des Körpers nachahmend, waren am Fussende meist mit dem Bilde der Isis, am Kopie mit dem der Nutpe, der Himmels­königin, geschmückt. Der Name und Stand des Verstorbenen, Gebete an Osiris wurden auf den Deckel des Sarges gemalt oder eingehauen. Reiche Familien nahmen doppelte oder dreifache Särge vom härtesten Holz oder Granitsarkophage. Geräthe, deren sich der Todte im Lehen vorzüglich bediente, Verzeichnisse seiner Besitztlnimer wurden ihm in den Sarg gelegt, vor Allem aber bekam die Leiche eine Papyrusrolle mit, welche die Gebete, die der Todte in der Unterwelt an die Götter zu richten hatte, und eine Beschreibung des Todtenreiclis enthielt.

In feierlichem Zuge wurde der Leichnam in die Grabkammer gebracht, welche, der Todte meist schon bei seinem Lehen hatte aus­hauen und mit Darstellungen seiner Beschäftigung, der wichtigsten Vorfälle seines Lebens u. s. w. hatte ausschmücken lassen. Die In­signien des Standes wurden dem Todten vorgetragen, wenn er Priester oder Beamter gewesen; war es ein Befehlshaber im Heere, so folgte auch sein Kriegswagen. Im Zuge gehen wehklagende Weiber, nach der Sitte des Orients zu diesem Zwecke gemiethet, und Männer mit Palmenzweigen. Vor dem Todten wird der zum Leichenopfer bestimmte Stier geführt. Endlich kommt der Sarkophag auf einer Barke (die Seele des Todten schifft wie der Sonnengott auf einer Barke hinab in die Unterwelt), die, auf einen Schlitten gesetzt, von Ochsen gezo-