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Aegypten : Reisehandbuch für Aegypten / von Moritz Busch
Entstehung
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40 Hieroglyphen.

ausgewählten Hieroglyphen, welche in allen Fällen, wo nur der ein­zelne Laut geschrieben werden sollte, gebraucht werden konnten, wurde auf 30 beschränkt, doch wurde in römischer Zeit dieses Alphabet noch um mehrere Zeichen vermehrt.

Die dritte Gasse der Hieroglyphen endlich steht zwischen den beiden ersten in der Mitte, indem ihre Zeichen an beiden Naturen, sowohl der ideographischen, als der phonetischen Theil haben. Man bediente sich nämlich häufig der für bestimmte Wörter gebräuchlichen Hieroglyphen nicht nur in ihrer ursprünglichen ideographischen Be­deutung, sondern auch nur für die Anfangsbuchstaben derselben Wörter und fügte ihnen dann die übrigen Laute des Wortes aus dem allge­mein-phonetischen Alphabete hinzu. So dient, wie bemerkt, das auf den Sculpturen der Monumente häufig anzutreffende Henkelkreuz zur Bezeichnung des Wortes Anche, d. i. Leben; es kann aber auch nur für A stehen, indem man die Zeichen für N u. Ch aus dem allge­meine Alphabet hinzusetzt.

Im Jahre 1799 fanden die Franzosen bei Bosette in Unterägyp­ten einen Stein mit einer dreifachen Inschrift, oben in Hieroglyphen, darunter in damotischer Schrift und zuletzt griechisch. Der griechische Text sagt, dass der König Ptolemaeus V. dem Lande grosse Wohltha- ten erwiesen, unter Anderem die Steuern vermindert, rückständige Steuern ganz erlassen und bei seinem Begierungsantritte eine allge­meine Amnestie gewährt habe; deshalb hätten die Priester beschlossen, in jedem Tempel seine Bildsäule aufzustellen und ihm alljährlich ein besonderes Fest zu feiern, endlich in jedem Tempel einen Stein an­zubringen, auf welchem dieser Beschluss in den der obgenannten Schriftzeichen einzugraben sei. Mit diesem kostbaren Funde war die erste sichere Grundlage zum Verständnisse der Hieroglyphen gegeben und es ist in den letzten 6o Jahren sehr viel Mühe und Scharfsinn mit dem glücklichsten Erfolge auf ihre Entzifferung verwandt worden. Am 15. April 1866 hat der ausgezeichnete Berliner Aegyptologe, Pro­fessor Dr. Lepsius, eine ähnliche Inschrift gefunden, die ebenfalls ein Decret in Hieroglyphenschrift nebst griechischer Uebersetzung enthält. Diese Inschrift ist aber viel grösser als die bei Bosette gefundene der griechische Text allein füllt 76 Zeilen und gibt also einen unschätzbaren Prüfstein dafür, ob das, was bis jetzt erforscht und gefunden wurde, auf richtiger Grundlage ruht.

Einmal von den Priestern erfunden, wurden die Hieroglyphen bald in sehr ausgedehntem Maasse angewendet. Schon in den Gräbern an den Pyramiden von Gizeh notiren Schreiber die Verlassenschaft des Todten. Auf andern Denkmälern schreiben die Götter die Jahre der Pharaonen auf Blätter des Lebensbaums. Schreiber begleiten den König auf die Jagd, um das erlegte Wild zu verzeichnen. Endlich gab es auch Bücher oder Bollen, in denen die Götterlehre, die Gesetze, die Begeln des Bituals, die hergebrachten Lobgesänge und Gebete, die Lehre von der Schreib- und Baukunst, die Ordnung der Sonne und der Auf- und Niedergänge der Sterne, die Wissenschaft der Aerzte u.