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Aegypten : Reisehandbuch für Aegypten / von Moritz Busch
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Hieroglyphen.

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Auch Musik und Poesie müssen von den Aegyptern gepflegt worden sein. Indess dürfte die erster« sicli nicht über die Leistungen der heutigen Aegypter erhoben haben, und die letztere ist zwar (nach den Besten in Inschriften zu schliessen) nicht ohne Kraft und Schwung, verfällt aber leicht in Ueberschwänglichkeit und ermüdende Wieder­holungen, wie aus den folgenden Kapiteln zu ersehen sein wird.

Ueber die Hieroglyphen, mit denen der grösste Theil der Tem­pel- und Palastruinen, sowie der Gräber Aegyptens bedeckt ist, sei Folgendes bemerkt: Dieselben sind ohne Zweifel eine Erfindung der Priester und entwickelten sich aus dem Triebe des ägyptischen Volkes, das Vorübergehende fest zu machen, das Vergängliche zu verewigen und nichts, was einmal geschehen war, vergessen zu lassen. Dieses Streben der Erhaltung hat die Aegypter getrieben, zuerst in bildli­chen Darstellungen zu den Nachkommen zu reden, wie dies auch bei den Mexikanern geschah. Dabei sind sie aber nicht stehen geblieben, sondern bis nahe an die rein alphabetische Lautschrift gelangt. _ Die ägyptische Hieroglyphenschrift enthält alle Mittelstufen der Entwicke­lung von der Schrift, welche sich begnügt, Ideen durch Bilder aus­zudrücken, bis zu der Schrift aus reinen Lautzeichen, in welchen Consonant und Vocal getrennt erscheinen, und so zerfällt sie in ver­schiedene Klassen.

Die erste Klasse, die, welche Begriffszeichen enthält und deshalb die ideographische heisst, tlieilt sich wieder: 1) in solche, welche die zu bezeichnenden Gegenstände mehr oder minder direct darstellen, 2) in solche, die abstracto Begriffe oder schwer darstellbare Dinge symbolisch oder andeutend vorführen, 3) endlich in solche deter­minative oder Bestimmungszeichen, welche gar nicht ausgesprochen werden, sondern nur zur nähern Bestimmung eines vorausgehenden Wortes dienten, d. h. es wurden zum Zwecke grösserer Deutlichkeit bei Namen von Ländern, Flüssen, Menschen u. s. Bilder hinzugefügt, welche anzeigten, ob es sich um einen Mann, eine Frau, einen Bezirk, einen Fluss u. a. m. handelte, ob das Bild bildlich genommen werden oder als Lautzeichen gelten solle, in welchem Falle man einen Mund hinzuzeichnete. Zu 1) gehören der Kreis, welcher die Sonnenscheibe, und die Thierbilder, welche die Götter darstellen, denen sie heilig waren; zu 2) die Straussenfeder, welche die W ahrheit, das gehenkelte Kreuz, welches das Leben, der Fisch, welcher alles Hassenswerthe, der schreitende Vogel, welcher eine Beise bedeutet, der Geier, welcher Symbol der Mutter ist; zu 3) endlich der Löwe, hinter seinem Namen Mui bildlich wiederholt, und der Blumenstengel hinter Pflanzennamen.

Die zweite Klasse der Hieroglyphen ist die der phonetischen oder Lautzeichen. Diese wurden aus der grossen Menge der ideogra­phischen so gewählt, dass der zu bezeichnende Laut der Anfangslaut des gemeinten Gegenstandes war. So bezeichnet die Eule, ägyptisch Mulag, ein M, der Adler Achene, oder das Schilfblatt. Ak. ein A. die Axt, Kelebin, ein K, eine Käucherpfanne, Berbe, ein B, eine Hand, Tot, ein T. u. s. w. Die Anzahl der für die 15 Laute der Sprache