Alexandrien. 63
Einst die grösste Handelsstadt der Welt, sank Alexandrien schon nach der Eroberung Aegyptens durch die Araber beträchtlich, aber erst die Entdeckung des Seewegs um das Kap der guten Hoffnung vernichtete seine Bedeutung völlig. Es hatte zu Anfang des 19. Jahrhunderts nicht mehr als 6000 Einwohner, die damals in sehr üblem Eule standen. Unter Meliemed Ali hob sich der Verkehr der Stadt beträchtlich. Europäische Kaufleute, besonders Italiener, siedelten sich an, Engländer und Franzosen gründeten Handelshäuser hier, auch Deutsche fanden sich zahlreich ein, europäisches Wesen gewann die Oberhand und der blühendste Handel entfaltete sich. Das Araberthum trat mehr und mehr zurück, und die Stadt gewann allmählig fast das Aussehen eines italienischen Hafenplatzes. Die Einwohner, jetzt gegen 200000, bestehen zu wenigstens einem Drittel aus Franken', die übrigen sind Griechen, Araber, Juden, Berbern, Türken, Syrier, Albanesen, Armenier und Kopten.
Die Anzahl der jährlich aus- und einlaufenden Schiffe is stetig im Wachsen begriffen. Die Dampfschiffe des österr. Lloyd, der italienischen, der russischen, spanisch-englischen, der niederländischen, der anglo-ägyptischen Gesellschaft verkehren regelmässig von und nach Alexandrien. Die Ausfuhr stieg namentlich während des nordamerikanischen Krieges zu beträchtlicher Höhe. Im Jahre 1862 betrug sie in Piast 7.806,940,26, im Jahre 1863 = 1.283,145,000,1864 = 1.644,571,000, 1865 = 1.686,135,000 und ist seitdem noch immer in Wachsen begriffen.
Die Bazars sind in Alexandrien nicht so reich ausgestattet, als in Kairo. Doch ist denen, welche sich mit syrischem Tabak für die Reise versehen, oder sich bei der Rüekkehr nach Europa in syrischen Wollen- und Seidenwaaren Andenken aus dem Morgenlande mitnehmen wollen, zu rathen, ihre Einkäufe hier zu machen. In den arabischen Läden sieht man viele deutsche Gegenstände, böhmisches Glas, ost- preussischen Bernstein, Sohlinger Säbelklingen, Nürnberger Spiegel, Türkenbecher und Spielwaaren. Schon nimmt Oesterreichs Verkehr mit Aegypten den dritten Rang unter den rivalisirenden Nationen ein, und es -ist kein Zweifel, dass dasselbe jetzt nach Vollendung des Suezkanals bald noch glänzendere Erfolge erzielen wird.
Das Leben im Hafen, in welchem durchschnittlich 500 bis 600 grössere und kleinere Schiffe, darunter viele Dampfer, ankern, ist für den, der noch nicht im Morgenlande war, schon deshalb von besonderem Interesse, weil liier gewöhnlich auch die ägyptische Flotte liegt. Sonst mag man den Palast besuchen, in welchem Mehemed Ali während eines Theils seines Lebens residirte. Von den Moscheen ist keine des Besuches werth und nur zwei sind von beträchtlicher Grösse. Die eine derselben, Moschee der tausend und ein Säulen genannt, befindet sich im _ westlichen Theile der Stadt nicht fern von der alten Nekro- polis. Sie hat viele, aber keineswegs die in ihrem Namen enthaltene Anzahl von Säulen, sonst auch nichts Merkwürdiges, als dass sie aller Wahrscheinlichkeit nach die Stelle einnimmt, wo einst die Kirche des