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Aegypten : Reisehandbuch für Aegypten / von Moritz Busch
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76 Kairo.

fahren, protestantische Missionäre mit weissen Halstüchern, katholische Mönche, griechische Popen, Engländer für die Reise durch die Wüste oft sehr seltsam ausstaffirt, drängen sich schweigend an einander vorüber. Vor den Kutschen rennen Läufer her, Guarda! Guarda! schreiend. Dazwischen tönt das Riglak! Jeminak! Sehemalak! der Reiter und Eselsbuben, der Ruf der Scherbetverkäufer, der Brotträger und andrer Handelsleute, das klingelnde Geräusch, womit die an den Ecken sitzen­den Wechsler auf ihre Existenz aufmerksam machen, das Geschrei von Eseln, das Gewielier von Pferden, das dumpfe Brüllen von Büffeln und Karneolen, das unaufhörliche Gezänk der gemeinen Araber und zu den Gebetsstunden der sonore Ruf des Mueddin von den Minarets. Bettel­derwische mit seltsamen spitzen Mützen, langen Haaren, struppigen Bärten und zerfetzten Kleidern, prächtig gekleidete Paschas und. Beis auf edlen Pferden, kohlschwarze Abyssinier in schneeweissen Gewän­dern, die vierspännigen Omnibus und die zweirädrigen Fourgons der indischen Post, Fellahs mit Wasserschläuchen, Pfeifenputzer, tättowirte Fellahweiber, bis zur Unförmlichkeit verhüllte vornehme Frauen in blassrothen, lichtgrünen oder schwefelgelben Seidenkleidern, über welche ein schwarzseidener oder weisser Ucberwurf und ein weisser Schleier getragen wird, der nur die Augen sehen lässt, langsam durch das Menschengewühl watschelnd, oder, auf beiden Seiten von Begleitern gehalten, auf Eseln reitend, Schlangenbändiger, Fechter, Blumenver­käuferinnen, Wasserträger, Blinde von Sehenden geführt, Armnth und Elend in der sclieusslichsten Gestalt, dazu ein wolkenloser Himmel und eine balsamische Luft. Alles dies bewegt sich am Eingang in die grosso Verkehrsader der Muskih an uns vorüber.

Nicht selten mischt sich in dieses brausende Gewoge eine Lei- chenprocession mit der buntüberhangenen Sargbahre, den Fahnen der Moschee und den heulenden, tücherschwingenden Klageweibern. Bis­weilen füliren Tänzerinnen nach dem Schall von Cimbeln und Tambu­rins arabische Tänze auf, die sie mit kreischendem Gesänge begleiten. Häufig auch sieht man Brautzüge sich durch die Strassen bewegen, mit denen in der Regel das Beschneidungsfest eines kleinen Knaben von armen Eltern verbunden ist. Das bei Hochzeitsprocessionen der niedern Stände ausgestossene gellende Freudengeschrei der mitgehenden Frauen und das von Musikanten auf Hoboen und Trommeln aus­geführte wilde Concert lässt einen solchen Zug schon von Weitem erkennen. Die Procession wird gewöhnlich von den Musikanten eröffnet, dann kommt der Barbier mit seinem verzierten Schränkchen, dann auf einem reich aufgezäumten Pferde der für die Beschneidung be­stimmte Knabe, dann erscheinen in langer Reihe die Verwandten und Freundinnen der Braut und zuletzt diese selbst in einem rotlien Schleier oder unter einem Baldachin von gleicher Farbe. Bisweilen gehen dem Zuge Männer mit wohlriechenden Substanzen voran, manchmal auch reitet ein seltsam aufgeputzter Spassmacher der Procession voraus.

Kairo soll über dreihundert Moscheen haben, doch liegen von dieser Zahl viele in Ruinen. Die sehenswerthesten sind die Tulun-,