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Aegypten : Reisehandbuch für Aegypten / von Moritz Busch
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Kairo. 75

welche oft unsymmetrisch von verschiedener Höhe gebaut sind und selten in directer Verbindung mit einander stehen. In den Häusern der Reichen findet man bisweilen mehrere Höfe mit Gartenbeeten, Baumgruppen, Brunnen und Bädern.

Vom Hofe aus kommt man über eine steinerne Treppe in das Mandarah oder Besuchszimmer, dessen Fussboden, mit Marmorplatten, rothen Ziegeln oder Mosaik gepflastert, aus zwei Abtheilungen, einer höheren und einer niedrigeren, besteht. Die erstore ist rings an den Wänden mit Kissen oder Divans versehen, auf denen der Besuch mit Kaffee und Tabak bewirthet wird. Die letztere, Darkah genannt, ist meist mit einem kleinen Springbrunnen und mit einem kunstreich ge- meisselten Sims geschmückt. Das Meublement der Zimmer ist, wo die europäische Mode sicli nicht eingedrängt hat, sehr einfach. Es besteht fast nur aus Teppichen und Kissen. Allein der phantasievoll zusam­mengesetzte Fussboden, die zierlich geschnitzten Arabesken der Wand­schränkchen und die bisweilen gemalten, manchmal selbst vergoldeten Deckenbalken geben dem Ganzen demungeachtet ein anmuthiges und behagliches Aussehen. Im zweiten Geschoss ist das Harem, die "Woh­nung der Frauen. Der hier befindliche Hauptsaal ist so eingerichtet, dass zu beiden Seiten der Darkah sich erhöhte Abtheilungen erheben, und dass die Wände noch mehr mit künstlichen Sclirankthüren und Simsen, die Fenster mit buntem Glas geschmückt sind. Ausserdem hat das Haus zahlreiche kleinere Gemächer. Besondere Schlafzimmer sind nur im Winter im Gebrauch, zu welcher Jahreszeit oft die ganze Fa­milie das obere Geschoss als das wärmere bezieht. Oefen kennt man ebenso wenig als Kamine. Bei grosser Kälte sucht man sich mit Becken, in denen Holzkohlen liegen, zu erwärmen.

Manchem vielleicht noch interessanter als die Stadt ist das Leben, das in ihren Gassen pulsirt und welches nicht weniger als jene an die Gestalten der arabischen Märchenwelt erinnert. Um dieses Leben recht ruhig zu betrachten, ist kaum ein Ort geeigneter, als der grosse Erker des Speisesaals im Hotel des Pyramides oder die sogenannte Muskili, die Hauptstrasse Kairos. Hier kann man in Zeit einer Stunde alle Trachten und Physiognomien Kairos an sich vorüberziehen sehen wie eine ungeheure Maskerade. Weisse, rothe, grüne Turbane, letztere die Nachkommen Mohammeds bezeichnend, himmelblaue, braune, oran­genfarbene, rothe, weisse und schwarze, braun und weissgestreifte Kaftane, prächtig gestickte Jacken, farbenreiche Gürtel und Westen, rothe und schwefelgelbe Schuhe, zerlumpte Fellahs in blauen Baum­wollenkitteln, Kopten in schwarzen Turbanen, das Schreibzeug im Gürtel, Soldaten in weissen Pumphosen, Arnauten in der Fustanella, im Gürtel ein ganzes Magazin von Dolchen lind Pistolen, Beduinen der Wüste mit langen schwarzen Haaren, geputzte Haremssklaven mit Negerphysiognomien, Griechen, Türken, von der Mekkafahrt heimkeh­rend, Reiter zu Esel, Reiter zu Pferd, Reiter auf hohem Kameelrücken, Herden schöngebauter Ziegen, lange Reihen von Lastkameelen, ver­goldete Karossen, Kutschen von orientalisch gekleideten Kutschern ge-