Theben.
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Luxor und Karnak, eine bis anderthalb Meilen entfernt zieht sich im Osten die Bergkette hin, welche als die östliche Umwallung Thebens bezeichnet werden kann, und deren drei Felshörner im Süden für den Reisenden auf dem Strome die Marksteine Thebens sind.
Theben (ägyptisch Tapé) war die Hauptstadt Aegyptens, als es am grössten war, in der ersten Hälfte des neuen Reichs. Die Herr- : schaft der Fremden war gebrochen, ja die Aegypter herrschten ihrerseits nach Asien hinüber und nach Aetliiopien hinauf. Amasis, der i erste König des Reichs, dessen Mittelpunkt Theben war, warf das i Joch der Hyksos ab und nahm bereits Memphis ein. Aber erst seinem vierten Nachfolger Thothmes III. gelang es, die Feinde ganz aus dem Lande zu treiben und in Asien Eroberungen zu machen, ln der grossen historischen Inschrift auf einer Kammerwand beim Heiligthum in Karnak zählt er seine Kriegszüge und die gemachte Beute auf. Noch gibt es keine historisch bildlichen Darstellungen, nur symbolische Gruppen, und die baulichen Anlagen aus der Zeit dieses Fürsten sind alle noch massig und schüchtern. Höher geht der architektonische Schwung unter seinem zweiten Nachfolger, Amunoph oder Amenotep III., dem König der Memnonkolosse, der mehrere von den gewaltigen Hauptgruppen bei Theben gegründet hat. Aber auch von ihm gibt es kein historisches Bild. Alles, was er in den Seitenräumen des von ihm errichteten Heiligthums von Luxor hinterliess, ist symbolisch.
Den grössten Aufschwung kriegerischer Macht und künstlerischer Grösse nahm das neue Reich in den ersten Regierungen der nächsten Dynastie, unter Setlios I. und seinem Sohne Ramsès II. Sethos hat den Riesenplan der grossen Halle von Karnak gefasst, an der die kühnsten Vorstellungen erlahmen, und er hatte auch Thaten genug, um sie auf der Aussenwand darzustellen. Namen, die im Verlauf der reichen Bildwerke Vorkommen, deuten auf die grosse asiatische Kriegsstrasse und die Südostecke des Mittelmeeres, wo schon so viele Heereszüge vorbeikamen. Noch grösser als Krieger wie als Tempelbauer war Ramsès II. Er drang bis an das Schwarze Meer vor, und das ganze Nilthal ist voll von kolossalen Denkmalen seines Namens. Er ist der Erbauer des Memnoniums. Unter seinem Sohne Menephtlies gewinnen wir den ersten chronologischen Halt. Unter ihm hat die ägyptische Hundssternperiode, die im Jahre 139 unserer Zeitrechnung zu Ende ging und 1461 Jahre umfasst, begonnen, so dass er im Jahre 1322 regiert haben muss. Unter ihm fand ein zweiter Hyksoseinfall statt, doch mussten die Feinde das Land bald wieder räumen. Als dritter grosser Feldherr und Beförderer der Kunst ist Ramse3 III, zu nennen, welcher den Tempel von Medinet Habu erbaute. Nach ihm schweigt die Geschichte und die Denkmäler gehen allmählig aus. König Schesclionk hat zwar Jerusalem erobert und die gefangenen Fürsten in alter Weise auf der Südwand des grossen Karnaktempels abbilden lassen, wie er sie an langer Schnur dem Gotte Amun vorführt; aber das Bedürfniss, ein Kunstwerk zu liefern, ist nicht mehr vorhanden.