I. In der Heimat
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nannte sich als Mädchen Würtemberg. Es muß wohl eine echt deutsche Frau gewesen sein; sie gebar ihrem Manne elf Kinder, verwaltete unermüdlich, erhielt und vermehrte den Besitzstand der Familie, war stolz auf den großen Viehstand des Gutes, stolz auf ihre weiße Kuhherde, deren Zahl ihr Mann an jedem ihrer Geburtstage um ein prächtiges Stück vermehrte; sie war mild und sanftmütig und von tiefer Frömmigkeit; sie war wohl auch darin eine echte Deutsche, daß sie sich rasch in die italienische Eigenart ihrer neuen Heimat zu finden wußte.
Alois war ihr siebentes Kind, der erste Knabe, den sie gebar; vielleicht war er darum vor Allem der Mutter nachgeraten. Ich meine nämlich, daß er es war; denn von ihm wird berichtet, daß er groß und schlank von Gestalt war, braune Haare und lichtblaue Augen, eine wohlklingende, einnehmende Stimme, ein offenes, freundliches, treuherziges Wesen hatte, das alle Herzen gewann; seine Tagebücher zeugen von tiefer Religiosität und sittlichem Ernste, von Strenge gegen sich und Nachsicht gegen Andere; als junger Mann von vierundzwanzig Jahren, da er im flüchtigen Stile seines Tagebuches noch mit dem Geiste der deutschen Sprache ringt, schreibt er, in italienischer Gegend weilend: „ . . . ich fühle mich mehr deutsch“.
So, meine ich, war er doch wohl das Ebenbild seiner Mutter.
Sehnsüchtig hatte Angelo Michele den Erben seines Namens erwartet. Als Elisabeth zum siebenten- male litt, lag er auf den Knieen vor dem Hochaltar der Pfarrkirche Primieros und flehte um einen Knaben — und als ihn an der Schwelle seines Hauses der Jubelruf begrüßte: „un ragazzo“ — da eilte er an die Wiege des Neugeborenen, hebt ihn empor und küßt ihn: „Du