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war aber die Dampfheizung angestellt, so daß sich eine reichlich angenehme Temperatur im Salon entwickelte. An Essen war natürlich vorläufig nicht zu denken.
Der Sturm hatte ziemliches Unheil auf dem Schiffe angerichtet. Unter anderem waren mehrere von den schweren Treppen weggeschlagen worden, auch das eine Fallreep hatte sich empfohlen. Der Sturm legte sich allmählich, und wir nahmen die Richtung nach Bremerhaven, wohin wir in der Nacht kamen. Hier sollte die Baumwolle ausgeladen werden, wodurch die Passagiere, die nach Hamburg wollten und bis dorthin ihr Billett genommen hatten, einfach gezwungen wurden, zu warten, wenn sie es nicht vorzogen, auszusteigen und die Eisenbahn nach Hamburg zu benutzen, Ich sehe darin eine große Rücksichtslosigkeit der durch das Reich subventionierten Reichspost dampf erlinie gegen die Passagiere. Denn in erster Linie ist schließlich ein Reichspostdampfer doch zur Personenbeförderung da und nicht zur Beförderung von Gütern. Wir lagen übrigens wiederum nicht an der Mole, sondern ziemlich weit draußen, so daß der Verkehr mit dem Lande sehr erschwert war.
Ich hatte die große Freude, hier meinen Bruder bei mir zu sehen und mit ihm ein fideles Wiedersehen zu feiern. Zuerst war der gute Kerl allerdings sehr traurig über mein lahmes Bein, taute aber bald sichtlich auf, als er sah, daß mein Humor noch lange nicht verschwunden war.
Wiederum war der Sturmball aufgezogen, und der Kapitän wollte nicht fahren, da keine Lotsen vorhanden waren. Das Barometer stieg jedoch, und am Nachmittag des io., als die Wolladung ausgeladen war, gingen wir in See; nächstes Ziel: Hamburg.
Hier machten wir am Petersenkai gegen 5 Uhr morgens fest. Endlich am Ziel!
Gegen 8 Uhr kamen meine liebe Mutter und Schwester an Bord, um mich abzuholen. Einerseits war natürlich große Trauer, aber auch sehr viel Freude über den nun endlich wiedergefundenen Sohn. Ich erhielt hier die Nachricht, daß ich die Schwerter zu dem mir nach dem Chinaritt verliehenen Kronenorden erhalten habe, so daß ich nun das lang ersehnte schwarz-weiße Band — die schönste Auszeichnung für den Soldaten — das mir meine gute Mutter gleich mitbrachte, tragen darf. Es war dasjenige vom Eisernen Kreuz meines verstorbenen Vaters.
Im Aufträge der Hamburger Garnison wurde ich durch einen Offizier offiziell begrüßt, und nach einem kurzen Frühstück in Hamburg setzten wir uns auf die Bahn, um nach Berlin in die von Bergmannsche Klinik zu fahren. Hier nahm mich meine Cousine, Schwester Elly von Frankenberg, in Empfang, um mich für die nächsten Monate zu beaufsichtigen. Exzellenz von Bergmann operierte mich am 16. Januar zum erstenmal, da diese Operation erfolglos blieb, am 4. März zum zweitenmal. Beide