die durch die Ausmündung des Nils entstehen. Wirfuhren immer weiter, sahen keinen Piloten, kammenden Brandungen immer näher, der Wind hob sichauf, kurz wir waren in einer sehr gefährlichen La-ge umsomehr da unsere Barke sehr klein und starkbesetzt war.- Für Jemand der nicht gewohntist auf der See zu fahren ist diß eine ängst-liche und unangenehme Geschichte.- Man kann sichdenken wie uns allen war, obgleich wir es ver-heimlichten.- Der Capitain von der Brigg sahjedoch unser Laviren und unsere Gefahr, undim Nu war die große Barke des Schiffes aus-gerüstet, er selbst setzte sich hinein und eilteuns schnell zu Hülfe1.- Ich war sehr froh ihn kom-men zu sehen.- Wir stiegen in dieses neueBoot über und hatten auch das Vergnügen zubemerken, daß der Pilote schon mit seinemSchiffe näher kommt.- Als er bey uns war,nahm er uns ins Schlepptau und nun ging esdurch die Bogasen des Nils zum Quaratein hause .-Unter Nilbogase versteht man dieWasserstraße, welche der Nil bey seiner
Ausmündung nicht versandet, und welche nur, dasie sich stets ändert, die Küstenführer und Schiffer die-ser Gegend genau kennen.- Es ist sehr gefähr-lich hier einzufahren, denn kennt man diesen ein-zigen schiffbaren Weg nicht so scheitert das Schiffund man geht zu Grunde2.- Vom Quarataingebäu-de wo wir uns legitimiren mußten fährt mannoch 2. Stunden am Nil bis Rosetta.- Es istdieß eine herrliche Fahrt, indem die Niluferfruchtbar und schön sind.- Wie wenig weiß derEuropäer die Schönheit seines Landes zu schätzen,indem er gleichgültig vor Quelle und Wiese vor-übergeht, hier wo man jedes grüne Blatt nurin der Gegend des Nils suchen muß, ist es na-türlich, daß man die Ufer für Paradiese hält.3Da die Hitze beinahe unerträglich war, so sehn-ten wir uns doch einmahl in die Stadt zu kom-men umso mehr da wir Hunger hatten, und esschon beinahe 2. Uhr war.- Endlich kammenwir an.- Von der Stadt kann ich nichts sagen,denn es ist ein Haufen ruinenärtiger, garsti-ger Lehmhütten4, aus welchem hie und da ein
- Die Österreicher geraten bei der Erkundung des Nils in einer lebensgefährlichen Lage und sind auf die Hilfe des Schiffskapitäns angewiesen. ↩
- Junker bringt in diesem Satz zum Ausdruck, wie stark die Österreicher dem erfahrenen Kapitän und seiner ägyptischen Schiffsbesatzung ausgeliefert sind. Die Ausmündungen des Nils sind navigatorisch sehr anspruchsvoll und die Österreicher sind weder ortskundig noch fachlich ausgebildet für diese gefährliche Fahrt. ↩
- Kritische Anmerkung von Junker über die Europäer, die ihre umfangreichen Süßwasserressourcen und fruchtbare Böden nicht ausreichend schätzen. ↩
- Rosetta wird als „ein Haufen ruinenartiger, garstiger Lehmhütten“ beschrieben. Junkers selektive Wahrnehmung über die Bau- und Wohnkulturen in der ägyptischen Provinz ist von seiner privilegierten sozialen Herkunft geprägt. Als ausgebildeter Zivilingenieur am Polytechnischen Institut geht er von hohen Baustil-Standards aus der Reichshaupt- und Residenzhauptstadt Wien aus. Zum Verständnis der damaligen Architektur und Wohnsituation sollten folgende Faktoren berücksichtigt werden: Einerseits leben um 1850 auch in den Kronländern der k.u.k. Monarchie viele Menschen noch in sehr prekären Wohnverhältnissen und Armut, andererseits entstehen bereits zu dieser Zeit in den ägyptischen Großstädten Kairo und Alexandrien moderne Stadtviertel nach europäischem Vorbild für wohlhabende Menschen. ↩