Ost- und Westindien, sowie nach der ostafrikanischen Küste zu treiben, aller Eifersucht der Seemächte ungeachtet, zur Durchführung gelangte. Politische Verhältnisse zwangen jedoch den Kaiser bereits 1727, das Privilegium dieser Gesellschaft zu suspendiren, 1731 aber gänzlich aufzuheben. Die Fragmente einer Kriegsflotte, die man zum Schutze des überseeischen Handels, wie erwähnt, zu Portorö zu bauen begonnen hatte, wurden 1736 an Venedig verkauft. 1 ) Der Traum eines Colonialbesitzes aber war, wie wir noch sehen werden, darum nicht ausgeträumt.

Mehr als äussere widrige Umstände hemmten innere Calamitäten die weiteren Fortschritte auch der Orientalischen Compagnie. Die specifisch Wiener Kaufleute hatten sich nie für sie begeistern können, sondern ihr vielmehr von vornherein grosses Mistrauen entgegengebracht und waren die Hauptgegner der einheimischen Fabriken überhaupt, sowie jener der Compagnie insbesondere. Bevor noch Karl VI. die Augen schloss, begann auch schon der Verfall der Orientalischen Compagnie. Sie musste die meisten Fabriksanlagen wieder auflassen; im Jahre 1740 ging die von Schwechat in das Eigenthum des Wiener Handelsstandes über. Seitdem war die Thätigkeit der Gesellschaft ein allmäliges Absterben.

Der Ruhm ihres «obersten Protectors» bleibt dennoch ungetrübt, der unleugbare Ruhm, eine handelspolitische Organisation nicht blos versucht, sondern in Wirklichkeit auch ins Heben gerufen zu haben, wie sie ähnlich nur die westeuropäischen Grossstaaten aufzuweisen hatten. Die schwerste Schuld an ihrem Niedergange traf, wie gesagt, die Kaufmannschaft der Reichs­hauptstadt, deren Speculationsgeist allerdings «keinen hohen Flug» nahm. «Kaum irgend einmal,» erklärt mit Recht der verdienstvolle Geschichtschreiber jener Gesellschaft, 2 ) «war die Zeit so günstig, den Markt im Orient zu gewinnen, und niemals hat sich die Vernachlässigung der Industrie und des Handels so gerächt wie damals, als alle Bemühungen der Regierung, das Versäumte nachzuholen, nahezu fruchtlos blieben.»

ir haben gesehen, welche hohe Bedeutung unter Karl VI. das Fand Schlesien erlangt hatte, so zwar, dass es thatsächlich in gewerblicher und noch mehr in mercantiler Hinsicht als die fortgeschrittenste und darum auch ergiebigste und blühendste Provinz Oesterreichs, ja selbst als eines der wichtigsten europäischen Handels- und Industriegebiete gelten konnte, hiedurch aber selbst Böhmen in den Schatten zu stellen drohte. Man schätzte die Ausfuhr Schlesiens im letzten Regierungsjahre Karls VI. auf acht Millionen Thaler.

Der erste grosse Verlust, den Maria Theresia, die Erbin Karls, im österreichischen Erbfolgekriege zu erleiden hatte, war der des grössten und bevölkertsten Theiles von Schlesien. Man kann nach den früheren Andeutungen ermessen, welchen Rückschlag dieser Verlust auf Handel und Gewerbe Oesterreichs, insbesondere aber Böhmens, ausübte. In den Traditionen ihres Vaters erzogen, hatte Maria Theresia von Anfang an ihr ganzes Augen­merk auf «Verbesserung des inländischen Nahrungsstandes und Verbreitung der Manufacturen und des treibenden Commerzes» gerichtet. Ihr musste der Verlust eines ihrer industriellsten Fänder unverwindlich erscheinen. «Ersatz für Schlesien» war ihr erstes und letztes Dichten und Trachten. Dieser Ersatz aber sollte ohne Anwendung von Waffengewalt, im Wege heilsamer, wirthschaftlicher Reformen in Böhmen gefunden werden. Von allen Ivronländern war Böhmen ausersehen, im Wirthschaftsleben der Monarchie den Platz einzu­nehmen, den bisher Schlesien errungen hatte.

r ) Ernst Becher, a. a. O., S. 24h

2 ) F. M. Mayer, a. a. O., S. 38.

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