Am 20. Mai 1722 erhielt die Orientalische Compagnie zu den bisherigen vier neue Privilegien. Der Gesellschaft wurde der Bau von Schiffen in der Länge von mehr als sechzig Fuss sowohl in Triest und Fiume als auch in Buccari gestattet; ebenso die Erzeugung aller zum Schiffsbetrieb erforderlichen Gegenstände, wie Tauwerk, Segeltuch, Theer, Anker, ja selbst eiserner Kanonen. Damit war die seit Langem in Oesterreich unerhörte Erlaubnis verbunden, «Meister, Künstler und Handwerker» auch protestantische aus Holland, Schweden, Hamburg u. s. w. herbeizuziehen. Der Compagnie wurde ferner die Errichtung einer Zucker­raffinerie in einem beliebigen österreichischen Hafen gestattet, mit dem Bedeuten, dass, falls diese P'abrik zur Blüthe käme, die Einfuhr fremdländischen raffinirten Zuckers nurmehr mit Zustimmung der Gesellschaft bewilligt werden solle. Aehnlich lautete ein Privilegium auf Fabrication von Kupfergeschirren. Wie nach der Levante sollte aber die Orientalische Compagnie künftig mit Producten und Manufacturen der Erbstaaten auch nach Portugal und den westlichen Ländern Handel treiben dürfen.

Im Laufe weniger Jahre schritt sohin die Gesellschaft zur Etablirung einer ganzen Reihe, zum Theil ausgedehnter Industrialwerke. Sie errichtete in Fiume eine Kerzen- und eine Tau- und Strickfabrik, sowie später eine Zuckerraffinerie. Am 3 o. November 1722 erwarb die Compagnie mit kaiserlichem Consens die Linzer Zeugfabrik um den Preis von 240.000 Gulden, die sie ratenweise abzahlte. Zur selben Zeit entstand in Böhmen, in Grottau, auf Betreiben Elias Kesslers, genannt Sprengseisen, eine Fabrik für «Tuche, Zeuge, Strümpfe und Canevas», letztere «aus gesponnener Baumwolle», dergleichen nach Aussage des böhmischen Commerz-Collegiums «im Königreiche Böhmen bisher nicht gewesen.» Ihr wurde das nachgesuchte Privilegium ertheilt. Das hinderte die Wiener Compagnie aber nicht, im Jahre 1723 mit der Anlage eines gleichartigen Fabriksunternehmens in Schwechat vorzu­gehen. Nachdem der Bau bereits beinahe vollendet war, stellte sie im September 1724 bei der Regierung das Ersuchen um ein Privilegium auf die Erzeugung von Baumwollwaaren für die Dauer von zwanzig Jahren. Die Verhandlungen zogen sich in die Länge. Endlich am 8. Januar 1726 erfolgte die Verleihung des gewünschten Privilegiums, zunächst für fünfzehn Jahre.

Noch in demselben Jahre begann die Arbeit der neuen, weitläufigen «Zitz- und Cotton­fabrik» zu Schwechat, mit der, wie schon ihre Bezeichnung sagt, auch eine Färberei und Druckerei verbunden war. Die Grottauer «Canevasfabrik» gieng ein. Trotz Privilegiums erfuhr aber auch die Schwechater Neugründung bald grossen Eintrag, als in ihrer nächsten Nähe, in Pottendorf, Trumau und nicht weit davon, doch schon auf ungarischem Boden, in Sassin (1736) Concurrenzunternehmungen erstanden.

Das Beispiel der Gesellschaft regte auch anderwärts an. Die innerösterreichische Com- mercien-Commission in Graz legte der Kammer bereits 1721 verschiedene Pläne zur Hebung der Industrie und des Handels vor. Es handelte sich um die Errichtung einer Societät, deren Aufgabe es sein sollte, den Fabrikanten Geld vorzustrecken; ferner um eine Fabrik seidener Strümpfe, eine Leinwand- und eine «weissirdene Geschirr-Fabrik», endlich eine Tuchfabrik in der Karlau bei Graz. 1 ) Alle diese Projecte aber waren nicht vom Glück begünstigt; ebenso wenig der Plan der beiden Unternehmer Reigersfeld und Mühlbacher, eine Tuchfabrik in Laibach aufzurichten.

Wie in Wien, war Karl VI. auch in Ostende zur Schaffung einer grossen Handels­gesellschaft geschritten, die als «Ostindische Compagnie» mit dem Rechte, Handel nach

x ) F. M. Mayer, a. a. O., S. 63 f.

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