Bleichen Versehenen im Geheimen und per privatas zu eröffnen.» Eine directe Folge davon war die Errichtung einer grossen Anzahl «Commercialbleichen» in den verschiedensten Gegenden des Landes, insbesondere in Schönlinde. Eine im Jahre 1755 erlassene «Schleier­ordnung» gab eine genaue Anleitung zum Betriebe auch des schwierigsten, doch ungleich lohnendsten Zweiges der Leinenweberei, der Erzeugung von Battisten, Schleiern u. dgl., die seither in Böhmen heimisch wurde. Eine «PapierOrdnung» desselben Jahres förderte ebenso diesen ansehnlichen Industriezweig, besonders in Böhmen, wo man bald mehr als 90 grössere und kleinere Papiermühlen zählte, von denen die in Trautenau, Hohenelbe, Bensen und Prag die beste Waare lieferten.

Schon 1753 war in Prag neben dem Commercien-Consesse ein besonderes Manu- factur-Collegium angeordnet worden. Beide Körperschaften wurden 1757 zu einem «Con- sessus in commercialibus et manufacturisticis» vereinigt, als dessen erster Präsident Graf Franz Josef Pachta fungirte, dessen vornehmste Mitglieder aber die Grafen Sinzendorf und Chamare und Otto Ludwig von Loscani waren. Leider starb Loscani noch im Jahre 1757. Die durchgreifendste Wirksamkeit entfaltete der «Consessus» unter dem Nachfolger Pachtas, dem hochverdienten Grafen Joseph Maximilian Kinsky, vormals Oberamtsrath, dann Com- merzienrath im Herzogthum Ober- und Niederschlesien, Geheimrath u. s. w., einem schwär­merischen Anhänger der wirthschaftlichen Ideen Maria Theresias, zugleich ausübenden Indu­striellen.

Doch nicht Böhmen allein erfreute sich der Fürsorge der Kaiserin. Die Tochter eines Karl VI. hatte die Grenzen ihrer Thätigkeit weiter gezogen. Bereits mit Resolution vom 9. Jänner 1745 bestätigte sie die städtischen Privilegien von Triest, «wie es das wahre Auf­nehmen der Stadt und eines Porto franco erfordert»; ebenso wurden dieser Stadt neue Be­günstigungen ertheilt. Einem eigenen Hafencapitanat wurde die unmittelbare Beaufsichti­gung des Hafens anvertraut. Die Küstenorte wurden in einer besonderen Küstenprovinz ver­einigt und der Obersten Commerzintendanz in Triest die Vollmachten einer Provinzialbehörde übertragen. Vornehmlich um Triests willen wurden in den Jahren 1748 und 1749 Friedens- und Handelsverträge mit Tunis, Tripolis und Algier geschlossen. 1 )

Gleichfalls im Jahre 1749 wurden Tucharbeiter aus Verviers nach Iglau berufen, die dortige, wie früher erwähnt, herabgekommene Tucherzeugung durch «niederländische Manu- factursart» wieder zu heben. Es sollten feinere Tuche als bisher in Oesterreich eingeführt werden. Unter den Eingewanderten that sich Bailloux besonders hervor; allein Zwistigkeiten mit der Zunft nöthigten ihn, Iglau wieder zu verlassen, und bestimmten Kaiser Franz, den Gemahl Maria Theresias, deren lebhaftes Interesse an wirthschaftlichen Dingen er theilte er war unter Anderem Gründer von Sassin durch Bailloux auf seiner Herrschaft Kla- drub in Böhmen eine Tuchfabrik nebst Spinnerei und Färberei zu errichten. 2 )

Damals bestand in Mähren, und zwar in Olmütz, eine einzige Tuchfabrik, von Reichel begründet, den die Regierung 1752 zu deren Fortsetzung aufforderte. 1755 etablirte Staats­kanzler Graf Kaunitz gute Tuchfabriken in Wiese. Der Einladung der Regierung nach­kommend, schuf nun der mährische Adel ausgedehnte Fabriken meist in Wollzeugen und Leinen zujanowitz, Namiest, Lettowitz, Ziadlowitz, Neuschioss, Neu-Rauss-

p Ernst Becher, a. a. O., S. 27. N. Ebner von Ebenthall, Maria Theresia und die Handelsmarine (Triest 1888), S. 3, 23 f.

2 ) Adolf Beer, Studien zur Geschichte der österreichischen Volkswirthschaft unter Maria Theresia: I. Die österreichische Industriepolitik (Wien 1894), S. 11g.

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