nitz, Pernstein, Rossitz, Tulleschitz und Mähr.-Neustadt. In Brünn, heute der ersten Fabriksstadt Mährens, waren Fabriken damals gänzlich unbekannt. Im Jahre 1763 wurde dahin, in die Vorstadt Grosse Neugasse, die Kladruber Tuchfabrik verlegt, welche die mährische Lehenbank zum Betriebe übernahm. Fast gleichzeitig errichtete dort de Vaux eine Plüsch­fabrik, die Tabakpachtungs-Gesellschaft aber eine Tabakfabrik. Seit 1767 unter Köfil- lers, dann Schweikharts Leitung, gewannen die Tuch- und Plüschfabriken eine ansehn­liche Ausdehnung und legten damit den Grundstein zur Stellung Brünns als Fabriksstadt. 1 )

Geräuschlos, aber energisch wirkte Maria Theresia für die fortschreitende Verstaat­lichung der Gewerbegesetzgebung. In diesem Geiste gehalten, gleichzeitig aber von grossem Belange für die Qualität der Erzeugnisse der Industrie und des Gewerbes jeder Art waren die von ihr erlassenen vielen «Beschauordnungen». Ebenso wohlthätig nach anderer Richtung wirkten die durch sie verfügten Milderungen des Zunftzwanges einzelner Hand­werke. Im Jahre 1755 wurde den Leinenwebern erlaubt, sich «auszuzünften»; bald sollte jeder Zwang überhaupt beseitigt werden.

Von nicht geringerer Tragweite erwies sich der Entschluss der Kaiserin, einen Bruch mit dem bisherigen Privilegiensystem, das einzelne Gesellschaften oder Fabriksbesitzer ausserordentlich begünstigt und jeden Mitbewerb zumeist unmöglich gemacht hatte, herbeizu­führen. Die Privilegienfrist, die den Kattunfabriken zu Schwechat und Sassin eingeräumt war, gieng zu Ende. Man bat um Verlängerung dieser Frist. Die Kaiserin aber erklärte, ein Privilegium exclusivum ferner nicht ertheilen zu wollen, «da die exclusiva höchst schäd­lich sind und in Ansehung derer Fabricaturen auf die möglichste Vermehrung im ganzen Staate das Augenmerk gerichtet werden müsse.» Alle Gegenvorstellungen blieben erfolglos. Ein kaiserliches Rescript vom 15. December 1761 gemahnte alle Interessenten, dass vom Jahre 1763 ab der Errichtung von Kattunfabriken in der ganzen Monarchie keinerlei Hindernis mehr entgegenstehe, sondern «fiirohin Jedermann freistehen wird, nicht nur die Cottone in Unseren gesammten Erblanden zu fabriziren, sondern auch in Jegliches derselben und also ebenfalls in die österreichischen mit Entrichtung der alleinigen erbländischen Mauthgebür einen freien Handel zu führen.»

Die Erwartungen, die sich an diese Verfügung knüpften, wurden glänzend gerechtfertigt. Sie bezeichnet recht eigentlich den Zeitpunkt, in welchem der damals jüngste, relativ noch kümmerliche Zweig der sonst so grossen, vielverästeten Textil-Industrie in Oesterreich alle übrigen zu überragen, ja zu überwuchern begann. Der Ersten einer bemächtigte sich der gegebenen Anregung Graf Joseph M. Kinsky, der früher in Haida und Bürgstein zahlreiche Industrialwerke der mannigfachsten Art geschaffen hatte und nun daran gieng, dieselben um eine Kattundruckerei zu vermehren, ebenso aber seine Gutsnachbarn, die Grafen Vincenz Waldstein in Münchengrätz und Joseph Bolza in Cosmanos zu bewegen suchte, seinem Beispiele zu folgen. Bereits im Jahre 1763 erbaute denn Graf Bolza in der That mit einem Aufwande von 500.000 fl. das später grösste Unternehmen seiner Art, das weltbekannte Eta­blissement Josefsthal-Cosmanos. Graf Vincenz Waldstein that ein Uebriges und errich­tete in Gemeinschaft mit dem Grafen Franz Kinsky allerdings erst nach Ueberwindung vieler Schwierigkeiten nach dem Muster des dereinstigen kaiserlichen Kunst- und Werkhauses in Wien ein neues stattliches Manufactur- und Arbeitshaus in Münchengrätz. 2 )

p Christian dElvert, Die Culturfortschritte Mährens und Oesterreichisch-Schlesiens (Brünn 1854), S. mf.

p Dr. Adolf Demuth, Das Manufacturhaus in Weisswasser (Mittheilungen des Vereines für Geschichte der Deutschen in Böhmen XXVIII [1890]), S. 293 f.

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