Zuwachs Oesterreichs (ausgeschlossen Ungarn) von rund 175.000 Köpfen besser im Inlande beschäftigt würde, schon deshalb, weil unsere Auswanderung bislang nicht zur Bildung von Colonien führte. Diese Aufgabe aber kann, wie die Dinge heute liegen, nur die Industrie übernehmen.

INDUSTRIE UND LANDWIRTHSCHAFT IM AUSSENHANDEL.

ine Frage von ausserordentlicher Bedeutung ist die Lhitersuchung, welchen Antheil die Landwirthschaft und welchen Antheil die Industrie an unserem Aussenhandel nimmt; sie deckt sich fast mit der Frage: Ist Oesterreich ein Agrarstaat oder ein Industriestaat? Es ist ferner von vorneherein klar, dass durch das Verhältnis, in dem die beiden Hauptproductionszweige zu einander stehen, die ganze Zoll- und Handelspolitik beein­flusst und selbst unsere äussere Politik mitbestimmt wird.

Um diese Frage zu beantworten, scheiden wir die sämmtlichen Waaren in zwei grosse Gruppen: in landwirtschaftliche oder Bodenerzeugnisse und in Fabrikate oder Industrie­erzeugnisse. Diese Scheidung ist nicht leicht, denn es gibt viele Waaren, die den Charakter eines Halbfabrikates an sich tränen. Die Grenzen sind keine festen, sondern fliessende. Man kann, um nur einige Beispiele zu nennen, Butter, Wein, Olivenöl und andere fette Oele, die als Endproducte vielfach direct zum Verbrauche und Genüsse gelangen, die aber auch weiteren Processen als Halbfabrikate dienen, im Uebrigen aber mit ganz einfachen Mitteln aus dem Rohstoffe erzeugt werden, als Fabrikate, Halbfabrikate oder Rohstoffe betrachten. Die nach­stehende Gruppirung zählte sie zu den landwirthschaftlichen Erzeugnissen, weil verhältnis­mässig wenig Menschenhände und unbedeutende mechanische Kraft zu ihrer Fertigstellung herangezogen wird. Als Kennzeichen eines Industrieproductes sehen wir einen Arbeitsvorgang an, bei dem eine zahlreiche Arbeiterschaft und grosse und gewaltige Maschinen beschäftigt sind. In diesem Sinne wären wir sogar geneigt, die Rohmetalle, ja selbst Kohle, einen der wich­tigsten Hilfsstoffe, zu den Industrieerzeugnissen zu rechnen, denn die Erzeugung der Metalle bedingt einen vielseitigen chemischen und technologischen Process, in den Bergwerken pulsen die grössten Dampfmaschinen, und insbesondere die Förderung der Kohle beschäftigt Tausende und Abertausende von Arbeitern.

Da aber gerade jene Waaren, über deren Einreihung eine verschiedene Auffassung zu­lässig ist, ohnehin nicht ausschlaggebend sind und es vor Allem darauf ankommt, ein Bild im Grossen und Ganzen zu gewinnen, so möge dieser Hinweis genügen.

In enecer Verbindung mit der Eintheilung; in Boden- und Industrieerzeugnisse steht eine andere, ebenfalls wichtige Unterscheidung des Aussenhandels, der wie fast aller Handel aus dem Begegnen eines Mangels und eines Ueberflusses entsteht. Die Frage ist: Welche Waare müssen wir aus dem Auslande beziehen, welche können wir entbehren, und welche können wir selbst erzeugen? Insoferne man als Industrieerzeugnisse verarbeitete Rohstoffe in des Wortes weitester Bedeutung auffasst, kann man behaupten: alle Industrieerzeugnisse können wir im Inlande herstellen; die einzige Voraussetzung hiezu wäre, wenn nicht andere ungünstige Momente dazutreten, das orenünende Vorkommen des Rohmaterials und seine leichte Zufuhr

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