HEINRICH MITSCH

BERG- UND HÜTTENWERKE

GRADENBERG (STEIERMARK).

teiermark mit seinen fast unermesslichen Schätzen an Erzen und Mineralien bietet seit Jahrhunderten der Montan-Industrie Oesterreichs ein weites Feld reicher Thätigkeit. Doch ein rationeller Ab­bau wird erst in unserem Jahrhundert betrieben, seitdem sich die verhältnismässig noch junge Wissenschaft der Geognosie in den Dienst der Montan-Industrie gestellt hat.

Man begann die Schicht- und Lagerungsverhältnisse der Gesteinmassen nach sicheren Methoden zu erforschen und an der Hand der gewonnenen Resultate in dem Bergbau systematische Arbeiten vorzunehmen. Die «Markscheidekunst» erfuhr seit den Dreissigerjahren eine wissenschaftliche Vertiefung, und die von ihr erfundenen Apparate und Instrumente wurden im Laufe der Jahre auf einen nahezu wunderbaren Grad von Präcision gebracht. Zu jenen grösseren steiermärkischen Montanwerken, in denen heute die Bearbeitung nach allen Regeln und Vorschriften des so wohl ausgebildeten Bergbaues geschieht, gehört das Berg- und Hütten­werk Gradenberg, dessen Besitzer Heinrich Mitsch ist. Im Jahre 1860 erwarb dieser das Gradenberger Eisen­raffinerie-Werk, zu welchem auch ein Antheil am Vordernberger Erzberg gehört (wodurch die Zugehörigkeit des Besitzers zur sogenannten Vordernberger Communität bedingt ist), sowie eine Hochofenanlage in Vordernberg. Ausserdem besitzt Heinrich Mitsch die sehr ergiebigen Braunkohlengruben in Piberstein. Die Ausbeute des Erzberg- Besitzantheiles wird bereits seit 1860 im eigenen Vordernberger Hochofen (Radwerk XI) auf Roheisen ver­schmolzen. Als Heinrich Mitsch dieses Radwerk übernahm, standen 3 o Arbeiter im Dienste, denen die Besorgung eines Hochofens übergeben war. Auch heute ist die Anzahl der Arbeiter dieselbe geblieben. Gegenwärtig ist daselbst ein Hochofen sammt Winderhitzungsapparat, ferner 8 Gasröstöfen, eine neue Gebläsemaschine mit Wasser­rad-Antrieb in Thätigkeit, sowie eine Erzquetsche in Verwendung. An der Spitze des Betriebes steht ein Beamter. Die Gesammtproduction in dem Radwerke XI beträgt jährlich 50.000 q Roheisen, das aber zur Weiterbearbeitung in das Eisenraffinirwerk nach Gradenberg gesandt wird. In letzterem Eisenwerke standen im Jahre 1860 3 Hämmer, 1 Walzenstrasse, 3 Puddlingsöfen zur Verfügung, die auch heute nebst allen inzwischen neu hinzugekommenen Maschinen ihre Arbeit verrichten. Die für dieses Etablissement erforderliche motorische Kraft lieferte der auch heute noch benützte Gradenbach, den ein Zulauf des Kainachflusses bildet. Bei einem Arbeiterstand von 180 Per­sonen wurden damals 20.000 Wiener-Centner Stabeisen erzeugt. Roheisen bildet somit den Ausgangspunkt für die Herstellung von schmiedbarem (gepuddeltem) Eisen.

Unter dem neuen Besitzer wurden im Laufe der Jahre, entsprechend der steigenden Zufuhr der zu ver­arbeitenden Rohmaterialien, im Gradenberger Eisenwerke bedeutende Veränderungen vorgenommen, die vorhandenen Anlagen erweitert, neue Maschinen angeschafft, das Arbeitspersonale erheblich vermehrt. Das Stabeisenwalzwerk, sowie sämmtliche Hämmer wurden umgebaut, 3 neue Siemenssche Gasschweissöfen errichtet; dazu kamen 3 neue Dampfmaschinen, 3 Turbinen, 2 Fördermaschinen und 3 Wasserhaltungsmaschinen. Zur Unterbringung der meisten dieser Maschinen mussten erst Neubauten geschaffen werden, die entsprechend dem Zwecke, dem sie dienen sollen, gebaut, allen Anforderungen der modernen Hygiene Genüge leisten und den darin beschäftigten Arbeitern Licht und Luft vollauf gewähren. Der heutige Stand des Gradenberger Eisenraffinirwerkes umfasst 8 Oefen, 3 Walzen­strassen, 3 Hämmer, 3 Dampfmaschinen, 7 Wasserräder und Turbinen, eine complet eingerichtete mechanische Werkstätte, die alle erforderlichen Hilfsmaschinen besitzt. Die erwähnten Oefen sind theils Puddlings-, theils Gasschweiss-, theils gewöhnliche Glühöfen. Durch den Puddelprocess wird zur Erzeugung von schmiedbarem Eisen dem Roheisen im Wege der Oxydation ein Theil des Kohlenstoffes entzogen, welches Verfahren so weit fortgesetzt werden kann, dass das erzeugte Product genau den Kohlenstoffgehalt des gewünschten schmiedbaren Eisens besitzt. Die Wasserkraft wird in einer Stärke von 150 HP. dem Etablissement zugeführt. Gegenwärtig werden daselbst im Durchschnitt jährlich 50.000 q Stabeisen erzeugt, somit nahezu das dreifache Quantum der

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